Beschluss: Kenntnis genommen

Anfrage der Fraktion von Die Linke/DKP:

 

In jüngster Zeit haben die Meldungen über Kindesmisshandlungen und – tötungen in Deutschland drastisch zugenommen. Untersuchungen hierüber ergaben, dass die betreffenden Eltern finanziell  unterversorgt und bei der Kindererziehung oft völlig überfordert waren. Bekannt wurde auch, dass in einigen Fällen die Jugendämter nicht ihrer staatlichen Fürsorgepflicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen sind – meistens aufgrund personeller Unterbesetzung.

Vor diesem Hintergrund fragen wir – die Fraktion DIELINKE./DKP an:

-                     wie viele Kinder werden vom Kreisjugendamt betreut und schwerpunktmäßig aus welchen Gründen ?

 

1)      Anzahl der Kinder:

 

Nachfolgend wird nur die Inanspruchnahme der Leistungen des Kreisjugendamtes im Be­reich der  Erziehungs- und Eingliederungshilfen, der Hilfen für junge Volljährige und sonstiger Hilfen nach dem SGB VIII aufgeführt. Bei den aufgeführten Leistungen wurde der  Pflegekinderdienst nur bezogen auf die Vollzeitpflege berücksichtigt.

 

Insgesamt wurden zum Stichtag 865 Maßnahmen der aufgeführten Hilfen durchgeführt.

 

Nicht berücksichtigt wurden bei der nachfolgend aufgeführten Auswertung die Beratungen der Fachkräfte der Erziehungshilfe im Vorfeld der Gewährung von Erziehungs- und Eingliederungshilfen, der Trennungs- und Scheidungsberatung nach § 17 und die Sorgerechtsberatung nach § 18.

 

Da wir davon ausgehen, dass sich diese Fragen nur auf die Inanspruchnahme der Erziehungs­- und Eingliederungshilfen beziehen, fanden auch die Arbeit der Kinder- und Jugendförderung, der Projektorientierten Schulsozialarbeit (PSSA), die Beratungsleistungen der Suchtprävention und der Drogenberatung, die Arbeit der Erziehungsberatungsstellen und der Kindertagesstättenfachberatung ebenfalls hier keine Berücksichtigung.

 

Ebenso nicht erfasst sind die Fallbearbeitungen der Jugendgerichtshilfe, die Arbeit der Adoptionsvermittlung und des Zentrums für schulische Erziehungshilfe, die nicht zu einer Inanspruchnahme der Erziehungs- und Eingliederungshilfen führten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2)      Gründe für die Betreuung:

Nachfolgend werden die Hilfeanlässe bei Erziehungs- und Eingliederungshilfen für die Jahre 2004 bis 2006 jeweils zum Stichtag 31.12. dargestellt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zum Stichtag 31.12.2006 lagen bei 14.5% aller Hilfeanlässe Anzeichen für Kindeswohlgefährdung in Form von Missbrauch, Misshandlung und Vernachlässigung vor. Im Vergleich zum Jahr 2002 blieben der Hilfeanlass ‚Vernachlässigung’ relativ konstant,  die ‚Anzeichen für sexuellen Missbrauch’ waren leicht rückläufig und die Anzeichen für Misshandlung’ stiegen von einem Anteil von 1,9% auf 2,3%. 

 

 

 

-                     Welchen finanziellen Hintergrund haben die betreuten Kinder und Jugendliche ?

 

Auf Grund der Einführung von KV Com kann diese Frage erstmals für die Bestandserhebung 31.12.2007 beantwortet werden. Von den insgesamt erfassten 830 Hilfen lebten 469 Familien oder junge Volljährige teilweise oder ganz von Arbeitslosengeld II, bedarfs­orientierter Grundsicherung oder Sozialhilfe.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zur Kontrolle wurde eine Auswertung aller bisher in KV Com eingegebenen Fälle bis zum heutigen Tag (07.02.2008) durchgeführt. Von den insgesamt 1931 Hilfen bezog die Her­kunftsfamilie bzw. die jungen Volljährigen zu 52,9% Leistungen nach SGB II bzw. SGB XII. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Mehrheit (über 50%) der jungen Volljährigen, die Hilfen nach § 41 SGB VIII bzw. der Familien, die Erziehungs- bzw. Eingliederungshilfen nach § 27 ff und § 35a SGB VII in Anspruch nehmen, in relativer Einkommensarmut leben.

 

Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass die Erfassung von Kinderarmut nur auf der Basis der finanziellen Ressourcen des Haus­haltes, in dem das Kind lebt, nach neuesten Erkennt­nissen (z.B. UNICEF 2007) zu kurz greift. Kindliches Wohlergehen wird anhand von 6 Dimensionen erfasst, die neben dem materiellen Wohlstand, Gesundheit und Sicherheit, Bildung, Beziehungen zu Familien und Freunden, Verhalten und Risiken im Alltag sowie das Ausmaß des subjektiven Wohlbefindens erfassen.

 

-                     Ist das Kreisjugendamt personell ausreichend besetzt ? Gibt es hierfür Maßstäbe bzw. einen allgemein gültigen oder praktizierten Schlüsselwert (z.B. wie viele betreute Kinder pro Jugendamtsmitarbeiter) und sind diese Zahlen in unserem Landkreis positiv erfüllt ?

 

Zunächst ist festzustellen, dass es keine allgemeingültigen Schlüsselwerte bzw. Anhaltswerte für die Besetzung von Jugendämtern gibt, die im Bereich des Jugendamtes Darmstadt-Dieburg zur Anwendung kommen könnten.

Die Besetzung des Jugendamtes richtet sich nach den tatsächlichen Anforderungen vor Ort, die abhängig sind von neuen gesetzlichen Anforderungen und Entwicklungen im konrekten Sozialraum. Diese gesellschaftlichen Entwicklungen unterliegen Veränderungen, denen jeweils auch durch Personalanpassung im Jugendamt Rechnung getragen werden muss. Siehe auch die Mitteilung im Kreisausschuss am 20.11.2007 (Vorlage Nr. 1541-2007/DaDi) hinsichtlich eines neuen Konzeptes im Bereich des Jugendamtes, welches auch zu personellen Anpassungen führen wird.

 

-                     Wie viele Jugendamts –Mitarbeiter gibt es insgesamt ? ( Sachbearbeiter, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen) ?

 

Mit Stand 31.12.2007 gibt es insgesamt 42,11 Vollzeitstellen für sozialpädagogische Fachkräfte, die im Fallmanagement der Erziehungs- und Eingliederungshilfen tätig werden.

 

 

Bereiche

Stellenanteile Gesamt
Stand: 31.12.2007

Erziehungshilfe

29,97

Erziehungsbeistandschaft

2,00

Jugendgerichtshilfe

5,63

ZfsE

1,00

Pflegekinderdienst (inkl. Adoption)

3,51

 

 

Gesamt

42,11

 

 

-                     Sind beim Kreisjugendamt auch Familien – Therapeuten angesiedelt ? Wenn ja, wie viele ?

 

Einen Studiengang ‚Familientherapeut’ gibt es in Deutschland nicht. Die Bezeichnung Familientherapeut dürfen führen die in unseren Erziehungsberatungsstellen beschäftigen Dipl. Psychologen Frau Gruhn und Herr Fink. Diese verfügen über entsprechende Zusatzausbildungen. Über gleiche bzw. vergleichbare Zusatzqualifikationen verfügen fast alle im Bereich der Erziehungsberatungsstellen, des Allgemeinen Sozialen Dienstes, des Pflegekinderdienstes, des ZfsE Mühltal und im Bereich der Erziehungsbeistandschaft eingesetzten päd. Fachkräfte. Da diese von ihrer Basisausbildung her Sozialarbeiter bzw. Sozialpädagogen sind, können diese die Bezeichnung ‚Familienberater’ führen. Sie sind somit dazu in der Lage und befugt Familientherapien durchzuführen. Diese Kenntnisse sind für die Einzelfallarbeit  sehr hilfreich. Der Landkreis hat den Erwerb dieser zusätzlichen Qualifikationen durch entsprechende Freistellung und die mit Finanzierung Berufs begleitender Zusatzausbildungen gefördert.

 

-                     Sind dem Jugendamt Meldungen über Kindesmisshandlungen bekannt und wie, bzw. wie oft, werden diese Kinder durch das Amt betreut und wie wird diesen Familien geholfen ?

 

Im Jahr 2006 wurden im Kreisjugendamt Darmstadt-Dieburg 105 Inobhutnahmen nach § 42 SGB VIII durchgeführt.  Wie die nachfolgende Tabelle verdeutlicht, ist die Zahl der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen ist seit 2003 kontinuierlich angestiegen. Von 2002 (Beginn des Berichtswesens) bis 2006 konnte eine Steigerung der Inobhutnahme um 105,9% verzeichnet werden.

 

 

 

 

Es wird abschließend darauf hingewiesen, dass es primäres Ziel aller Jugendamtsmitarbeiterinnen und –mitarbeiter ist, Kindern, die Misshandlungs-erfahrungen machen, zu helfen. Mit anderen Worten:

Wenn die Fachabteilung Kenntnis von solchen Dingen erhält wird immer „geholfen“.