Beschluss: Kenntnis genommen

Anfrage des Abg. Bischoff (fraktionslos):

 

Die Landtags- und zuständige Wahlkreisabgeordnete der LINKEN Christiane Böhm, wurde in die vom Landkreis Darmstadt Dieburg verantwortete Flüchtlingsunterkunft in Eppertshausen Jahnstr 21 eingeladen, um sich die dortigen Zustände der dort lebenden Menschen anzusehen. Sie wurde von dem Kreistagsabgeordneten Werner Bischoff begleitet. Ihre Erfahrungen schilderte Christiane Böhm Landrat Schellhaas und der Sozialdezernentin Christel Sprößler mit der Bitte um Stellungnahme und Einleitung von Maßnahmen zur Abhilfe.

Die Besucher*innen haben Zustände vorgefunden, die man als menschenunwürdig bezeichnen kann. Zimmer mit wenigen Quadratmetern sind mit 6 Kindern unterschiedlichen Alters und Geschlecht überbelegt. Gleichzeitig gibt es leere Zimmer. Waschmaschinen und Trockner waren teilweise nicht funktionsfähig. Brandschutzvorgaben – für öffentliche Gebäude zwingend erforderlich - werden nicht eingehalten. Für 65 Flüchtlinge gibt es nur einen Briefkasten ohne die Angabe der Namen. Duschräume ohne Abtrennung haben Löcher in der Decke. Wir waren geschockt, dass die Unterkunft in Jahnstraße 21 insgesamt in einem derart schlechten Zustand ist.

 

Ich bitte den Kreisausschuss folgende Fragen zu beantworten:

 

Vorbemerkung: Die Landtagsabgeordnete Frau Christiane Böhm hat am 16. Dezember eine ausführliche Antwort auf ihr Anschreiben erhalten.

Alle Zahlen beziehen sich auf den 01.12.2022. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor.

 

1.     Wie viele Geflüchtete (Stand 31.12. 2022) sind im Landkreis Darmstadt Dieburg untergebracht?

 

2.905 Geflüchtete waren am 01.12.2022 in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht.

 

2.     Wie viele davon befinden sich im Aufenthaltsstatus (beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II) und wie viele beziehen Asylleistungen – sind also (noch) nicht anerkannt?

 

1.550 waren davon leistungsberechtigt nach dem AsylbLG. 1.355 hatten ein gesichertes Bleiberecht und erhielten entweder Leistungen nach dem SGB II oder waren erwerbstätig.

3.     Wie viele davon sind aus der Ukraine?

 

530 Personen aus der Ukraine waren in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht.

 

4.     Wie viele wohnen in Sammelunterkünften, bei denen der Landkreis Darmstadt Dieburg die Kosten der Unterkunft trägt?

 

Der Landkreis kennt Gemeinschaftsunterkünfte und Notunterkünfte. In beiden Fällen entstehen Kosten, die der Landkreis zu tragen hat.

 

5.     Wie viele sind davon aus der Ukraine, die in sogenannten „normalen“ Unterkünften im Landkreis Darmstadt Dieburg wohnen?

 

s. Antwort auf Frage 3

6.     Wie viele Sammelunterkünfte ähnlich Eppertshausen gibt es im Landkreis Darmstadt Dieburg?

 

Im Landkreis Darmstadt-Dieburg gibt es 50 Gemeinschaftsunterkünfte, die von Betreibern geführt werden.

 

7.     Wer sind die Betreiber diese Flüchtlingsunterkünfte? In Eppertshausen nennt sich der Betreiber „Kirche in Aktion“. Welche Kriterien legt die Kreisverwaltung an die Seriosität eines Betreibers an?

Der Landkreis hat Verträge mit Privatpersonen und unterschiedlich verfassten Firmen. Einzelheiten können hierzu nicht mitgeteilt werden.

 

8.     Welche Verträge hat der Landkreis Darmstadt Dieburg mit den Trägern der Unterkünfte abgeschlossen? Bitte einzeln benennen.

Der Landkreis schließt kontinuierlich angepasste Verträge.

 

9.     Wie hoch sind die Tagessätze pro Monat, die den Betreibern pro Person ausgezahlt werden? (bitte jeweils pro Unterkunft)

 

Hierzu können keine Angaben gemacht werden.

 

10.  Welche Verpflichtungen übernimmt der Träger bzw. Betreiber der Unterkünfte?

 

Die Betreiber einer Gemeinschaftsunterkunft übernehmen die Ausstattung, die Ersatzbeschaffung und alle Aufgaben rund um den Betrieb der Unterkunft bzw. der Gebäude.

11.  Wie erfolgt die Zuordnung der Zimmer und wie kann es zu Überbelegungen kommen?

 

Die Zimmerbelegung erfolgt durch den jeweils zuständigen Sozialen Dienst. Zu einer Überbelegung kann es nur in Ausnahmefällen kommen, bspw. bei der Geburt eines Kindes. Eine Verlegung wird zeitnah in die Wege geleitet.

 

12.  Wie viele Quadratmeter stehen einem Flüchtling in den Flüchtlingsheimen des Landkreises Darmstadt-Dieburg zu?

 

Mindestens sechs Quadratmeter plus Flächen in Gemeinschaftsräumen.

 

13.  Welche Standards setzt der Kreis für Sammelunterkünfte für Geflüchtete fest? An welchen Kriterien orientieren sich diese Standards?

 

Bestandteil der Verträge ist ein Ausstattungsverzeichnis für die Gemeinschaftsunterkunft. Dies umfasst, die Ausstattung mit geschlechtergetrennten sanitären Anlagen, mit Küchen und Gemeinschaftsräumen. Auch festgelegt ist wie viele Personen sich eine Waschmaschine und einen Herd mit Backofen teilen und welche Ausstattungsgestände bei Einzug jeder Person zur Verfügung gestellt werden müssen. In allen Gemeinschaftsunterkünften gilt dieselbe Hausordnung. Zudem hat der Landkreis ein Gewaltschutzkonzept für alle Gemeinschaftsunterkünfte entwickelt (s. Anlage).

 

14.  Wurde oder wird in den Geflüchtetenunterkünften eine Begehung durch das Gesundheitsamtes und / oder eine Brandschutzbegehung vorgenommen? Welche Ergebnisse liegen vor?

 

Eine Brandschutzbegehung erfolgt vor der Erstbelegung einer Gemeinschaftsunterkunft und in regelmäßigen Abständen im laufenden Betrieb. Eine Begehung des Gesundheitsamtes erfolgt im Bedarfsfall anlassbezogen.

 

15.  Gibt es in den Geflüchtetenunterkünften im Landkreis Darmstadt-Dieburg Deutschkurse - gerade für Kinder?

 

In einigen Unterkünften gibt es Sprachkurse (z.B. Alphabetisierungskurse, Mit-Sprache-Deutsch4U). Sprachkurse für Kinder sind in Deutschland nicht vorgesehen, die Sprachförderung erfolgt in der Kindertagestätte und in der Schule.

16.  Gibt es Deutschkurse mit Kinderbetreuung in der Unterkunft oder in den Gemeinden?

 

Bei Sprachkursangeboten in den Gemeinschaftsunterkünften können die Kinder in der Regel von Mitbewohner*innen mit beaufsichtigt werden. Meist finden die Kurse am Vormittag statt, damit ist ein Angebot für Kinder die bereits die Schule oder die Kindertagesstätte besuchen, nicht nötig.

17.  Gibt es in allen Unterkünften Wlan und ist dieses rund um die Uhr für die Bewohner*innen zugänglich?

 

Für alle Unterkünfte, die seit dem Jahr 2019 angemietet wurde, ist die W-Lan Ausstattung fester Bestandteil des Vertrages. Für Unterkünfte, für die vor diesem Zeitpunkt ein Vertrag geschlossen wurde, ist dieser zwar vertraglich nicht vereinbart, in den meisten Fällen ist aber eine Versorgung mit W-Lan gegeben.

18.  Gibt es für Zimmer und Sanitäranlagen Schlüssel für die jeweiligen Bewohner*innen?

 

Alle Bewohner*innen erhalten einen Schlüssel für ihre Zimmer. Die Sanitäranlagen sind abschließbar.

19.  Was erwägt die Kreisverwaltung zu unternehmen, um so schnell wie möglich die skandalösen Zustände in Eppertshausen zu beenden?

 

Die Renovierungs- und Sanierungsarbeiten in der Küche der Gemeinschaftsunterkunft sind nahezu abgeschlossen. Mutwillige Zerstörungen durch Bewohnende werden nach und nach beseitigt.

20.  Wie kann es passieren, dass solch desaströse Zustände in einer Unterkunft wie in Eppertshausen möglich wurden?

 

Die Wohnsituation in Gemeinschaftsunterkünften ist nicht mit Wohnverhältnissen in einer Wohnung zu vergleichen. Häufig müssen Küchen und Sanitäranlagen gemeinschaftlich genutzt werden. Dies führt auch dazu, dass diese nicht von allen Bewohnenden gleich pfleglich behandelt werden. Mängel werden den Betreibenden gemeldet und die Beseitigung der Mängel wird vom zuständigen Sozialen Dienst überwacht. Nicht immer ist eine zeitnahe Behebung möglich, nicht zuletzt stehen nicht immer Handwerker zur Verfügung. Zudem sind die baulichen Voraussetzungen in den Unterkünften sehr verschieden. Die Zustände sind dennoch weder als skandalös noch als desaströs zu bezeichnen.