Anfrage der
Fraktion der AfD:
Die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland ist nicht zuletzt durch die fördernden Effekte des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) deutlich angestiegen. Mit einer angenommenen weiteren Zunahme solcher Anlagen gehen aber auch Themen wie Flächenverbrauch, Monokulturisierung, Emission und Sicherheit einher. Der ethische Aspekt darf nicht nur in Zeiten sich anbahnender Nahrungsmittelknappheit unterschätzt werden.
Bundesweit wird derzeit für Biogasanlagen rund eine Million Hektar Fläche allein mit Energiemais bestellt. Derlei (blütenlose) Monokulturen sind ökologische Wüsten, die kaum Angebote für einen artenreichen Tierlebensraum darstellen. Alternativen zum Mais zur Biogaserzeugung gewinnen an Bedeutung, die Anlage von alternativen Kulturen wird nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2012 mit einem Bonus belohnt. Zu diesen Pflanzen gehört beispielsweise das winterharte Riesenweizengras Alkar und insbesondere die „Durchwachsene Silphie“, die aufgrund ihrer hohen Biomasseproduktion die gleichen Ertragswerte erreicht wie der Mais. Darüber hinaus ist sie mehrjährig, ihr bis zu zwei Meter greifendes Wurzelwerk beugt der Bodenerosion vor, sie braucht ab dem 2. Jahr keinen Pflanzenschutz und muss nur im Frühjahr gedüngt werden. Jährliche Bodenbearbeitungen und Aussaaten - wie beim Mais - fallen dadurch weg. Mit ihrem bis zu drei Meter hohen Wuchs und gelben Blüten ist die „Durchwachsene Silphie“ nicht nur eine Bereicherung im Landschaftsbild, sondern auch für Insekten attraktiv.
Laut Mitteilung des Umweltbundesamtes im Mai 2019 verursacht veraltete oder unzureichende Technik in Biogasanlagen erhebliche klimarelevante Methanemissionen. Etwa fünf Prozent des in Biogasanlagen produzierten Methans entweicht unkontrolliert in die Atmosphäre. Die Emissionen stammen laut Umweltbundesamt sowohl aus den Biogasmotoren, die zur Stromgewinnung eingesetzt werden, als auch aus offenen Gärrestelagern sowie aus diffusen Quellen wie Leckagen und Aggregaten zur Gärrestbehandlung. Damit können Biogasanlagen in der Gesamtbetrachtung sogar mehr Emissionen an klimaschädlichen Gasen verursachen als einsparen.
Das Umweltbundesamt teilte ebenfalls im Mai 2019 mit, dass Biogasanlagen komplexe Anlagen mit erheblichem Gefährdungspotenzial seien, da in Biogasanlagen große Mengen an extrem entzündbaren Gasen erzeugt, gespeichert und umgesetzt werden. Außerdem arbeiten sie mit erheblichen Mengen allgemein wassergefährdender Stoffe wie Gülle oder Gärreste.
Die AfD-Fraktion stellt daher die folgenden Fragen:
1. Wie viele Biogasanlagen sind derzeit im Landkreis Darmstadt-Dieburg in Betrieb? (Bitte nach Größe/Leistung und Standort aufschlüsseln)
Die im Landkreis
vorhandenen Biogasanlagen unterliegen den Bestimmungen des
Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Sie wurden durch das
Regierungspräsidium Darmstadt, Wilhelminenstr. 1-3, 64283 Darmstadt genehmigt
und werden auch von dieser Behörde überwacht. Zur Größe und Leistung der
einzelnen Anlagen kann daher keine Angabe gemacht werden.
Entsprechende Auskünfte
können über Anfragen im Rahmen des Hessischen Umweltinformationsgesetzes (HUIG)
bei der Genehmigungsbehörde eingeholt werden.
Dem Fachbereich Landwirtschaft und
Umwelt sind die vorhandenen Biogasanlagen im Landkreis lediglich aus dem
Kontakt mit den Betreibern bekannt. Die Anlagen stehen oft im Zusammenhang mit
einem landwirtschaftlichen Betrieb.
Folgende Standorte von
Biogasanlagen sind bekannt:
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Babenhausen, Stadtteil Langstadt
-
Griesheim
-
Groß-Umstadt, Stadtteil Semd
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Otzberg, Ortsteil Nieder-Klingen
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Pfungstadt
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Reinheim, Stadtteil Georgenhausen
-
Roßdorf
2. Welche Rohstoffe in welchem Umfang werden in den Biogasanlagen im Landkreis verwertet? (Bitte jeweils nach jeweiliger Anlage sowie nachwachsende Rohstoffe, Gülle und Mist, kommunaler Bioabfall, Reststoffe aus Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft aufschlüsseln)
Über die Zusammensetzung der zum
Einsatz kommenden Rohstoffe für die genannten Biogasanlagen liegen dem
Landkreis keine Informationen vor. Da einige der Anlagen in Nachbarschaft von
bzw. in Gemeinschaft mit landwirtschaftlichen Tierhaltungsanlagen betrieben
werden, ist davon auszugehen, dass die im landwirtschaftlichen Betrieb
anfallende Gülle bzw. der anfallende Stallmist in diesen Biogasanlagen
eingesetzt wird.
Weitergehend Informationen können bei
der Genehmigungsbehörde (siehe Antwort zur Frage 1) eingeholt werden.
3.
Die Flächenkonkurrenz von Ackerbauflächen zwischen
Bioenergiegewinnung und Nahrungsmittelanbau ist groß und der ethische Aspekt
ist nicht zu vernachlässigen.
a.
Wie groß sind im Landkreis Darmstadt-Dieburg die
Ackerflächen, die für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen für
Biogaserzeugung verwendet werden?
b. Wie groß sind im Landkreis Darmstadt-Dieburg die Ackerflächen, die für den Anbau zur Nahrungsmittelherstellung zu Verfügung stehen?
Bei der Beantragung von EU – Agrarsubventionen müssen die
landwirtschaftlichen Betriebe die Art der angebauten Feldfrüchte mitteilen,
jedoch nicht den beabsichtigten oder tatsächlichen Verwendungszweck der
Ernteprodukte. Aus diesem Grund können keine Angaben darüber gemacht werden,
welcher Anteil der Ackerfläche für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen zur
Biogaserzeugung oder zur Nahrungsmittelversorgung verwendet wird.
4. Wie viele Landwirte im Landkreis Darmstadt-Dieburg, bauen alternative Energiepflanzen wie Alkar, Durchwachsene Silphie oder ähnliches an und in welchem Umfang geschieht dies?
Im Landkreis Darmstadt-Dieburg bauen
zwei landwirtschaftliche Betriebe Durchwachsene Silphie (Silphium
perfoliatum) an. Dieses erfolgt in einem Umfang von 3,89 ha. Die
landwirtschaftlichen Betriebe im Landkreis bauen bisher kein Riesenweizengras
(Agropyron elongatum) – auch Alkar genannt - an.
5. Welche Anreize gibt der Landkreis Darmstadt-Dieburg Landwirten, die Vermaisung der Landschaft zu vermeiden und die Biodiversität durch den Anbau alternativer Energiepflanzen zu erhöhen?
Der Anteil von Mais im Landkreis
Darmstadt-Dieburg wird nicht als übermäßig hoch eingeschätzt. Im Anbaujahr 2021
lag der Flächenanteil von Körner- und Silomais bei etwa 10 % der
landwirtschaftlichen Nutzfläche des Landkreises.
Das Land Hessen fördert mit dem
„Hessischen Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflege-Maßnahmen (HALM)“
die Biodiversität in der Landwirtschaft. In der Teilmaßnahme „C.1 Vielfältige
Kulturen im Ackerbau“ werden durch den Landkreis Betriebe mit Finanzmitteln des
Landes gefördert, die mindestens fünf verschiedene Hauptfruchtarten in
Kombination mit Leguminosen anbauen. Die Höhe der jährlichen Zuwendung beträgt
aktuell 90 €/ha Ackerfläche.
Aktuell laufen im Landkreis zwei HALM
- Projekte zur Förderung der Zusammenarbeit (Fördermaßnahme A.1, Erarbeitung
von Konzepten). Es handelt sich um Projekte in Groß-Umstadt und Otzberg zur
Umsetzung von Agrarumwelt - und Biodiversitätskonzepten mit
landwirtschaftlichen Betrieben. Gefördert wird die Erarbeitung der Konzepte als
Handlungsgrundlage für eine künftige Zusammenarbeit. Der Zuschuss je Konzept
kann einmalig bis zu 50.000 Euro betragen.
· Wie viele Landwirte werden hier unterstützt und in welchem Umfang geschieht dies?
An der HALM Teilmaßnahme „C.1 Vielfältige Kulturen im Ackerbau“ nehmen
aktuell 39 landwirtschaftliche Betriebe teil.
6.
Hat der Landkreis Erkenntnisse darüber, ob und ggf. in
welchem Umfang Methanemissionen (siehe Vorbemerkung) in Biogasanlagen im
Landkreis Darmstadt-Dieburg stattfinden oder stattgefunden haben? (Bitte nach
Anlage aufschlüsseln)
7.
Wie, in welchem Umfang und durch wen erfolgt eine
Kontrolle über den sachgerechten Betrieb der Biogasanlagen im Hinblick auf die
Vermeidung von unerwünschten Methangasentweichungen?
·
In welchen zeitlichen Abständen werden Messungen
durchgeführt?
8.
Wie viele Unfälle in Biogasanlagen im Landkreis
Darmstadt-Dieburg hat es bislang gegeben und zu welchen Schäden (Personen-
und/oder Sachschäden) haben diese geführt? (Bitte nach Anlage und Zeitpunkt
aufschlüsseln)
9.
Hat es in Biogasanlagen im Landkreis Darmstadt-Dieburg
bereits sogenannte „Gülle-Tsunamis“ gegeben, das heißt, den Austritt von
wassergefährdenden Gülle- oder Gärresten, die Schäden innerhalb oder außerhalb
der Anlage (Umweltschäden) verursacht haben?
10. Um
welche Art von Leckagen hat es sich hier ggf. gehandelt, welchen Umfang (z. B.
in Liter Gülle) hatten sie und welcher konkrete Schaden wurde dabei
angerichtet?
11. Gab
es im Landkreis Darmstadt-Dieburg in der Vergangenheit Unfälle in Biogasanlagen
z. B. durch Explosionen, Verpuffungen oder Selbstentzündung von Gärresten?
a.
Falls ja, um welche Art von Unfällen handelte es sich?
b.
Sind dabei Menschen zu Schaden gekommen?
c. Hatten diese Unfälle umweltschädliche Auswirkungen? Falls ja, welche konkret?
Die Fragen 6 – 11 gehören zur Überwachung des Betriebs der
Biogasanlagen. Sie obliegt dem Regierungspräsidium Darmstadt als zuständiger
Genehmigungs- und Überwachungsbehörde. Entsprechende Auskünfte können von
dieser Behörde über Anfragen im Rahmen des Hessischen Umweltinformationsgesetzes
(HUIG) eingeholt werden.