Anfrage der
Fraktion der Freie Wähler/UWG:
1. Wie viele "Fälle" haben die Fallmanager:innen im Jobcenter des Landkreises Darmstadt-Dieburg gleichzeitig und jährlich insgesamt zu bearbeiten? Wie hoch ist die Planzahl und wie hoch ist die tatsächliche Belastung? Liegen diese Zahlen höher oder niedriger als im hessenweiten und bundesweiten Durchschnitt aller mit der Beratung und Bescheidung von SGB II-Bezieher:innen befassten Einrichtungen?
Im Bereich der passiven Leistungen
haben wir pro Vollzeitäquivalent in der Sachbearbeitung eine Fallbelastung
(Bedarfsgemeinschaften mit laufendem Gewährungszeitraum) von 1 : 161.
Im Bereich der aktiven Leistungen haben
wir je nach Bereich folgende Betreuungsschlüssel:
Fallmanagement U
25: 1 : 104
Fallmanagement Ü
25: 1 : 190
Fallmanagement Alleinerziehende: 1 : 156
FM Menschen mit Behinderung: 1 : 168
Uns liegen keine belastbaren
Vergleichszahlen für Hessen oder den Bund vor.
2. Wie viele "Hartz-IV"-Bescheide werden von den Betroffenen im Jobcenter Darmstadt-Dieburg angefochten? Liegt diese Zahl/dieser Anteil höher oder niedriger als im hessen- bzw. bundesweiten Durchschnitt?
Bei der KfB
werden standardmäßig alle eingehenden Widersprüche erfasst.
Die Zahl der
Widersprüche in den letzten drei Jahren stellt sich folgendermaßen dar:
2018 – 883
2019 – 1.019
2020 – 877
(siehe
Jahresbericht 2020 der KfB S. 74-75)
Weiter
zurückliegende Zahlen können älteren Jahresberichten der KfB entnommen werden.
Ein Vergleich
mit dem hessen- bzw. bundesweiten Durchschnitt ist nicht möglich, da
entsprechende Zahlen nicht verfügbar sind.
3. Wie viele Anfechtungen von "Hartz-IV"-Bescheiden sind erfolgreich, bzw. welcher Anteil der Bescheide wird anschließend vom Jobcenter selbst zugunsten der Betroffenen geändert? Welcher Anteil der Bescheide geht vor Gericht?
Von den 877 in 2020 eingegangen
Widersprüchen erfolgte in 2020 folgende Bearbeitung / Erledigung:
Widerspruchsbescheid: 378 (43 %)
Teilweise Abhilfe im
Widerspruchsbescheid: 63 (7 %)
Abhilfebescheid: 286 (33 %), davon
wegen Nachholung der Mitwirkungspflichten: 202 (23 %)*
Widerspruchsrücknahme: 40 (5 %)
Offen waren zu Jahresende noch 95
Widerspruche (11 %).
Auf sonstige Weise erledigten sich 13
Widersprüche (2 %) und 2 wurden ruhend gestellt.
*Wenn ein Abhilfebescheid aufgrund
nachgeholter Mitwirkungspflichten, z.B. die Vorlage von entscheidungsrelevanten
Unterlagen erfolgt, dann ist in der Sachbearbeitung eine zum Zeitpunkt der
ersten Bescheidung nach Aktenlage korrekte Entscheidung ergangen. Durch die
Nachholung der Mitwirkung konnte erst eine korrekte Sachentscheidung zu einem
späteren Zeitpunkt im Widerspruchsverfahren erfolgen.
Die Zahl der neuen Gerichtsverfahren
stellt sich zahlenmäßig relativ stabil in diesen Jahren dar:
2018 – 174 (20 % der angegriffenen
Bescheide)
2019 – 175 (17 % der angegriffenen
Bescheide)
2020 – 179 (20 % der angegriffenen
Bescheide)
Weitere Zahlen können den
Jahresberichten der KfB entnommen werden.
4. Welcher Anteil der vor Gericht entschiedenen Bescheide geht zugunsten des Jobcenters bzw. zugunsten der Betroffenen aus?
In den
Jahresberichten der KfB findet sich eine statistische Darstellung der
Gerichtsverfahren.
Dargestellt wird
hier eine Zusammenfassung der abgeschlossenen Gerichtsverfahren im Jahr 2020
(S. 78 im Jahresbericht 2020).
Es wurden
insgesamt 141 Gerichtsverfahren über alle drei Instanzen abgeschlossen.
Mit
Klagerücknahmen oder -abweisungen bzw. Antragsablehnung oder -rücknahme
(„zugunsten Jobcenter“) endeten von 117 Verfahren in erster Instanz 82 (70 %).
Mit Anerkenntnis oder Stattgabe („zugunsten der Betroffenen“) endeten 5
Verfahren (4 %).
Mit Vergleich
oder auf andere Weise (Erledigungserklärung, teilweise Stattgabe), in der eine
Lösung „in der Mitte“ erreicht wurde, endeten 30 Verfahren in erster Instanz
(26 %).
In zweiter
Instanz gab es 21 Verfahren, von denen 9 (43 %) zurückgewiesen und 10 (47 %)
als unzulässig verworfen wurden (90 % „zugunsten Jobcenter“). Es gab eine
Stattgabe (5 %, „zugunsten Betroffene“) und einen Vergleich (5 %,
Lösung „in der Mitte“).
Alle drei
Verfahren vor dem Bundessozialgericht wurden als unzulässig verworfen
(zugunsten Jobcenter).
5. Welche Themen betreffen die insgesamt geänderten Bescheide zu welchen Anteilen? Welche Themen betreffen zu welchen Anteilen die vor Gericht geänderten Bescheide?
Es erfolgt keine statistische Erfassung
bei den geänderten Bescheiden oder Gerichtsverfahren, welche Themen betroffen
sind.
Teilweise sind auch mehrere Themen
betroffen.
In 2020 wurden folgende Gründe im
ersten Widerspruchsschreiben angegeben (Mehrfachnennungen möglich, siehe
Jahresbericht 2020 S. 76-77):
Ablehnung/Einstellung/Versagung/Entziehung der Leistungen |
234 |
davon wegen unklarer wirtschaftlicher Verhältnisse |
132 |
davon wegen übersteigendem Einkommen |
36 |
davon fehlende Mitwirkung |
20 |
davon wegen Umzug / fehlender Zuständigkeit / unklarer
Aufenthalt |
12 |
davon wegen einzusetzendem Vermögen |
8 |
davon wegen fehlender Erwerbsfähigkeit |
8 |
davon wegen Ausschluss Auszubildende |
6 |
davon wegen Ausschluss Ausländer, AsylbLG |
5 |
davon wegen vorrangigen Leistungen |
4 |
davon wegen ungenehmigter Ortsabwesenheit |
3 |
Anrechnung Einkommen/Freibeträge |
130 |
Rückforderungen |
110 |
davon Aufhebung und Erstattung, §§ 45, 48 SGB X |
73 |
davon abschließende Feststellung, § 41a Abs. 6 SGB II |
33 |
davon Erstattung nach §§ 34, 34a SGB II |
4 |
Kosten der Unterkunft |
101 |
Aufrechnung |
46 |
ohne Begründung |
39 |
Erstausstattungen |
22 |
Berechnung allgemein / Höhe Regelbedarf / Leistungsbeginn /
Dauer Gewährungszeitraum |
17 |
einmalige Beihilfen |
17 |
eheähnliche Gemeinschaft / Anforderung nach § 60 Abs. 4 SGB II / Bedarfsgemeinschaft strittig |
16 |
Bildung und Teilhabe |
14 |
Heizkosten |
14 |
Mehrbedarfe |
13 |
Ablehnung Antrag nach § 44 SGB X |
12 |
Sanktionen / Anhörungen Sanktionen |
11 |
Eingliederungsleistungen |
11 |
Übernahme Darlehen Schulden Strom / Miete |
11 |
Kaution |
10 |
Unterhalt |
8 |
Umzugskosten |
5 |
Anforderung von Unterlagen |
5 |
Erlass eines VA anstelle einer EGV |
4 |
sonstige Gründe |
49 |