Beschluss: Kenntnis genommen

Anfrage der Fraktion von WASG-Die Linke-DKP:

 

Unsere Gespräche mit ALG II Bezieher ergaben mehrheitlich, dass ein sozial bestimmtes Leben mit dem Regelsatz mit

  • 4,34 € pro Tag für Ernährung und Getränke
  • 0,34 € pro Tag für Kneibenbesuch
  • 0,60 € pro Tag für den öff. Nahverkehr
  • 0,60 € pro Tag Telefonkosten incl. Grundgebühr
  • 0,15 € pro Tag für Freizeit

 

kaum möglich ist. Zumal diese Beträge oftmals nur auf dem Papier stehen, weil die tatsächlichen Miet- und Heizkosten nicht anerkannt, weil Bewerbungs- und Gesundheitskosten nicht bezahlt werden. Weil einmalige Anschaffungen nicht von den 345 € Regelsatz (oftmals viel weniger) nicht angespart werden können. Nach unserer Meinung bedeuten 345 € monatliches Einkommen Existenzunsicherheit und soziale Isolation! Nicht umsonst fordern wir: „Diese Hartz IV Regelung muss weg! Der Regelsatz muss auf mindestens 500 € pro Monat erhöht werden!“ ALG II reicht für die Meisten nicht aus um bis zum Monatsende über die Runden zu kommen! Bettelnde ALG II Bezieher sind nicht nur auf Reinheims Straßen anzutreffen…

Wir glauben, dass die Mehrheit der 515 eingeleiteten Ermittlungen über zurückgeforderte Sozialleistungen im 4. Quartal 2005 auf oben beschriebene Fakten dieser Verarmungsspirale zurück zu führen sind.

 

Daher fragen wir:

 

1)      Gibt es seitens der KFB Erkenntnisse über den Verarmungsgrad von ALG II Bezieher, darüber dass sie mit diesem Regelsatz – oftmals noch viel weniger – nicht leben können?

 

Der Kreisagentur für Beschäftigung liegen darüber keine Erkenntnisse vor. Aufgabe der Kreisagentur ist es als kommunaler Träger das SGB II anzuwenden und umzusetzen.

 

2)      Gibt es Erkenntnisse wie viele ALG II Bezieher im Gebiet DA/DI bei der KFB überschuldet sind. Wieviele der ALG II Bezieher müssen von ihrem Regelsatz noch laufende Kredite zurückzahlen, um z.B. Energiekosten zu tilgen?

 

Valide Daten über die Verschuldung von Leistungsbezieher/innen insgesamt können nicht gegeben werden, da diese nicht immer Auskunft über ihre Verschuldung erteilen.

Im Monat August registrierte die Kreisagentur 380 Personen, die eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben.

 

Auch über die Anzahl der Personen mit laufenden Krediten ist eine verlässliche Zahl nicht möglich. Die Kreisagentur kann lediglich Auskunft darüber erteilen, dass z.Zt. bei 1.225 Bedarfsgemeinschaften Verrechnungen mit bestehenden Forderungen der Kreisagentur vorgenommen werden. Hierin sind auch Energiekosten enthalten.

 

3)      Wie viele von Ihnen erhalten nicht ihre gesamtem Mietkosten von der KFB erstattet, weil die vorhandene Wohnung evtl. ein wenig zu groß ist?

 

Die Leistungen für Unterkunft und Heizung sind in § 22 SGB II geregelt. Hier heißt es dazu: „Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht soweit diese angemessen sind…..Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf…so lange zu berücksichtigen,, wie es dem allein stehenden Hilfebdürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate“. Die Kreisagentur gewährt auf dieser Grundlage bei der Angemessenheit übersteigender Miete Kosten der Unterkunft (KdU) für Unterkunft. Darnach überlässt die Kreisagentur dem Hilfebedürftigen die Entscheidung sich eine andere Wohnung zu suchen oder die die Angemessenheit übersteigenden Kosten selber zu tragen.

Bisher haben 79 Umzüge aufgrund zu hoher Mieten stattgefunden.

Die überwiegende Anzahl der Hilfebedürftigen kompensiert die Mietzahlungen durch Freibeträge, Mehrbedarfe, anrechnungsfreie Einkommen oder Erziehungs- und Kindergeld.

Das Sozialgericht Darmstadt folgt in den bisherigen Beschlüssen der festgelegten Angemessenheit der Miete im Landkreis.

Eine valide Zahl über die Höhe der Mieten kann auf elektronischem Wege nicht ermittelt werden. Für eine händische Aufbereitung fehlen der Kreisagentur die personellen Mittel.

 

4)      Sind die im 4. Quartal 2005 rück geforderten Sozialleistungen von ca. 178 TEuro nur den 185 Fällen von Rückforderungsbescheiden zuzurechnen?

 

Ja, diese sind nur den Rückforderungsbescheiden zuzurechnen.

 

5)      Stimmt es was uns berichtet wurde, dass der im 4. Quartal angegebene Betrag (s.Pkt. 4) nur deshalb so hoch ist, weil Rückforderungen der 3 vorherliegenden Quartale aus 2005 nur unvollständig bzw. gar nicht erfolgten?

 

In den ersten drei Quartalen des Jahres 2005 konnte kein Datenabgleich durchgeführt werden, da es im SGB II zunächst keine gesetzliche Grundlage für einen Datenabgleich der Optionskommunen gab. Dies wurde zwischenzeitlich geändert. Auf der Grundlage des BSHG konnten quartalsweise Abfragen durchgeführt werden. Einen Rückschluss auf die Höhe der Rückforderungen kann nicht hergestellt werden, da dies der erste Datenabgleich auf der Grundlage des SGB II war.

 

6)      Wie hoch war der Betrag der Rückforderungen (Wir halten den Begriff „Leistungsbetrug“ hier fragwürdig) im 1. bzw. 2. Quartal 2006?

 

Der Rückforderungsbetrag für die ersten Quartale 2006 steht noch nicht fest, da erst im Oktober eine Auswertung erfolgen kann.

Die Rückforderungen werden gemäß dem SGB II und SGB X durchgeführt und somit handelt es sich hier tatsächlich um Leistungsbetrug.

In der politischen Diskussion wird nicht genügend differenziert zwischen Leistungsbetrug und umfassender, rechtmäßiger Ausnutzung des SGB II.

 

7)      Gab es auch Rückzahlungen an die KFB durch Ursachen, die nicht im Verantwortungsbereich der ALG II Bezieher lagen, sondern evtl. durch behördliches Fehlverhalten, durch veränderte Gesetzgebung – oder gar durch Fehler von Fallmanager  hervorgerufen wurden?

 

Nein, dies gab es unseres Wissens nicht.

 

Für die Beantwortung dieser Fragen wurden 7,5 Stunden benötigt. Es sind Personalkosten in Höhe von 400,50 Euro entstanden.