Beschluss: Kenntnis genommen

Herr Kreisbeigeordneter Christel Fleischmann teilt mit, dass die 122. Vergleichende Prüfung „Gastschulbeiträge“ im Auftrag des Hessischen Rechnungshofes durch das Büro Ebner, Stolz & Partner, Stuttgart, für nachfolgende kommunale Körperschaften durchgeführt wurde

 

  • Stadt Darmstadt
  • Landkreis Darmstadt-Dieburg
  • Stadt Frankfurt/Main
  • Landkreis Groß-Gerau
  • Hochtaunuskreis
  • Landkreis Kassel
  • Stadt Kassel
  • Main-Kinzig-Kreis
  • Main-Taunus-Kreis
  • Landkreis Offenbach
  • Stadt Offenbach
  • Rheingau-Taunus-Kreis
  • Wetteraukreis
  • Stadt Wiesbaden

 

Nachfolgende Ausführungen auszugsweise aus dem anliegend beigefügten Schlussbericht:

 

Geprüftes Risiko

Das geprüfte Risiko jeder Körperschaft entspricht den gezahlten und erhaltenen Gastschulbeiträgen für öffentliche Schulen. Im Haushaltsjahr 2006 waren dies folgende Beträge:

 

Landkreis Darmstadt-Dieburg:                          Stadt Darmstadt:

Einnahmen:                   609.207,00 Euro                      3.508.023,00 Euro

Ausgaben:                 3.469.037,00 Euro                         287.793,00 Euro

Saldo:                     - 2.859.830,00 Euro                      3.220.230,00 Euro

 

Der Landkreis Darmstadt-Dieburg hatte im Vergleich mit allen geprüften kommunalen  Körperschaften den höchsten negativen Saldo.

(…..)

 

 „Werden zusätzliche Klassen eingerichtet, entstehen - abgesehen von dem vom Land zu tragenden Kosten für zusätzliche Lehrkräfte – beim aufnehmenden Schulträger neben den variablen Kosten (Teilkosten) für Sekretariat, Verbrauchsmaterial, Wasser/Abwasser, Beförderungskosten vor allem Kosten  für die Errichtung und Einrichtung zusätzlicher Klassen-, Fach-, Aufenthaltsräume  (insbesondere Bauinvestitionen) und für zusätzliches nicht lehrendes Personal (z.B. Hausmeister).

In diesem Fall hat der aufnehmende Schulträger die vollen Kosten der Gastschüler, die für die Bereitstellung der zusätzlichen Kapazitäten aufzubringen sind (Vollkosten), zu tragen. Zu unterstreichen ist, dass die Vollkosten alle Teilkosten enthalten.

 

Kann eine Schule hingegen Gastschüler aufnehmen, ohne dass neue Klassen zu bilden sind, erhöht sich durch die Gastschüler die Auslastung bestehender Schulen und Klassen. Errichtungs- bzw. Einrichtungskosten entstehen dem Schulträger nicht. Beim aufnehmenden Schulträger kommen die zusätzlich entstehenden variablen Kosten in Betracht. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Gastschulbeiträge sind in diesem Fall die Teilkosten von Bedeutung.

 

Die unterschiedlichen Positionen zwischen Großstädten und Landkreisen sind verständlich. Großstädte, die sich wegen der Aufnahme von Gastschülern an die Schulbaulast erinnern, werden ausschließlich für die Berücksichtigung der Vollkosten plädieren.

 

Landkreise werden eher zu bedenken geben, dass sie mit den Teilkosten bereits Deckungsbeiträge für den ohnehin vorhandenen Schulbetrieb an die Großstädte leisten. Zudem könnten sie anführen, dass die Großstädte mit Hilfe der Gastschüler eine differenziertere Schullandschaft anbieten können als ohne Gastschüler. Dies käme auch den Schülerinnen und Schülern aus den Großstädten zugute. Ein entsendender Schulträger, der Errichtungs- bzw. Einrichtungskosten erspart, kann bereit sein, die Vollkosten seinen Entscheidungen zugrunde zu legen.“

(…..)

 

Es wurde ermittelt, wie sich die Gastschüler auf die Klassenbildungen an alleinbildenden Schulen auswirken. An den Gesamtschulen mussten im Landkreis Darmstadt-Dieburg 27 zusätzliche Klassen gebildet werden. In der Stadt Darmstadt mussten bedingt durch Gastschüler 68 zusätzliche Klassen gebildet werden und zwar 10 bei den Haupt- und Realschulen, 54 bei den Gymnasien und 4 bei den Gesamtschulen.

(….)

 

Zur Schulentwicklung und Struktur in der Stadt Darmstadt wurde Nachfolgendes angemerkt:

 

„Die Zahl der Schüler der Stadt Darmstadt (vergleiche Ansicht 10) erhöht sich im untersuchten Zeitraum 2002/2003 bis 2006/2007 um 537 Schüler. Die Zahl der Gastschüler steigt im untersuchten Zeitraum um 395. Relativ betrachtet hat die Stadt Darmstadt die höchsten Gastschüleranteile (zwischen 36,4 Prozent und 37,1 Prozent) aller Körperschaften. Die hohen Anteile beruhen neben den Berufsschulen mit grundsätzlich hohem Gastschüleranteil auf dem Gymnasialzweig. Hier weist die Stadt Darmstadt Gastschüleranteile zwischen 46,7 Prozent und 48,8 Prozent aus. Ursache für die vielen Gastschüler ist zum einen die historisch gewachsene Struktur an Gymnasien in der Stadt Darmstadt, die eine hohe Attraktivität auf die Schüler der umliegenden Kreise ausübt. Insbesondere aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg gibt es deutliche Wanderungsbewegungen in die Stadt Darmstadt. Zum anderen entspricht das gymnasiale Bildungsangebot insbesondere im Landkreis Darmstadt-Dieburg nicht der Nachfrage. Der Landkreis Darmstadt-Dieburg hat zum Prüfungszeitpunkt drei eigenständige Gymnasien, wovon zwei reine Oberstufengymnasien sind.“

(…..)

 

Zur Schülerentwicklung und Struktur im Landkreis Darmstadt-Dieburg wurde Nachfolgendes angemerkt:

 

 

„Die Zahl der Schüler des Landkreises Darmstadt-Dieburg verringerte sich im Zeitraum von 2001/2002 bis 2006/2007 um 91 Schüler. Die Zahl der Gastschüler stieg im gleichen Zeitraum um 222 Schüler. Die verhältnismäßig geringe Zahl von Schülern an Gymnasien liegt an der Schullandschaft im Landkreis Darmstadt-Dieburg.

Der Landkreis Darmstadt-Dieburg hat ein „grundständiges Gymnasium“ und zwei Oberstufengymnasien. Gastschüler spielen im Landkreis Darmstadt-Dieburg eine untergeordnete Rolle. Die Zahl der Gastschüler resultiert im Wesentlichen aus den Gesamtschulen. Am „grundständigen Gymnasium“ Max-Planck-Schule (Groß-Umstadt) beträgt der Anteil der Gastschüler 1 Prozent, an den beiden Oberstufengymnasien 6,1 Prozent (Alfred-Delp-Schule in Dieburg) und 46,1 Prozent (Bachgauschule in Babenhausen).  Der niedrige Anteil an Gastschülern beruht im Wesentlichen auf den oben zur Stadt Darmstadt dargestellten Wanderungsbewegungen. Neben pragmatischen Überlegungen ( z.B. Busverbindungen) spricht insbesondere das breitere gymnasiale Angebot der Stadt Darmstadt für die Wanderungsbewegung. Der Landkreis Darmstadt-Dieburg versucht dem durch den Aufbau eines gymnasialen „Ringankers“, d. h. dem Aufbau von Gymnasien oder gymnasialen Zweigen an Gesamtschulen rund um Darmstadt, entgegenzuwirken.“

(….)

                                                                                                                                             

„Insgesamt wird durch die Untersuchung deutlich, dass Gastschüler insbesondere an Gymnasien Wirkungen auf die Klassenbildung haben. Dieser Effekt setzt sich nach unserer Einschätzung auch bei Betrachtung der Gymnasialen Oberstufe fort. Regionale Besonderheiten, wie die Beispiele der Stadt Darmstadt und des Landkreises Darmstadt-Dieburg sowie der Stadt Kassel und des Landkreises Kassel  zeigen, spielen eine entscheidende Rolle.“

(…..)

                                                                                                                                              

Schlussbemerkung und Ausblick

 

„Vorstehende Untersuchung zeigt, dass Gastschüler bei den aufnehmenden Körperschaften nicht ausschließlich unter Kostengesichtspunkten betrachtet werden sollten. Vielmehr können

sie sowohl aus finanziellen Aspekten als auch aus den dargestellten Überlegungen hinsichtlich der Attraktivität eines Schulstandorts verbunden mit der dadurch möglichen Vielfalt des Bildungsangebots erwünscht sein.

 

Wie die Kosten für die Gastschüler unter den aufnehmenden und abgehenden Körperschaften aufzuteilen sind, muss auf politischer Ebene entschieden werden. Die kostenrechnerische Betrachtung liefert die Datengrundlage für die politische Entscheidung.

 

Gastschüler und Gastschulbeiträge erhalten angesichts der demographischen Entwicklung hinsichtlich der Auslastung von Schulen immer größere Bedeutung. Allerdings zeigen sich in den Körperschaften unterschiedliche Trends: Während in einzelnen Körperschaften mit einem Rückgang der Einschulungszahlen gerechnet wird, gehen andere Körperschaften von steigenden Zahlen aus. Diese unterschiedlichen Entwicklungen und die damit verbundenen Kapazitätsauslastungen werden auch in Zukunft unterschiedliche Sichtweisen hinsichtlich der Kostenbelastung durch Gastschüler rechtfertigen. Tendenziell werden  Schulen bzw. Schulträger mit sinkenden Schülerzahlen in Zukunft daran interessiert sein, verstärkt Gastschüler aufzunehmen. Dies kann soweit führen, dass einzelne Körperschaften noch stärker als bisher Gastschüler aktiv einwerben werden, bzw. versuchen werden, mit anderen Körperschaften, die eine höhere Auslastung vorweisen, Vereinbarungen über die Aufnahme von Gastschülern zu schließen.“