Beschluss: Kenntnis genommen

Anfrage der FDP-Fraktion:

 

1.                  Treffen Informationen darüber zu, dass vor der rechtlich nicht erfolgten Genehmigung des vom Kreis deshalb auch nicht weiter verfolgten Medizinischen Versorgungs-Zentrums (MVZ) in Reinheim Verträge mit Ärzten abgeschlossen wurden?

 

Wäre die Genehmigung (Zulassung durch den Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung) erfolgt, hätte der Landkreis Darmstadt-Dieburg, vertreten durch den Eigenbetrieb Kreiskrankenhäuser unmittelbar die Verantwortung für das MVZ und dessen Betrieb gehabt. Daher war es selbstverständlich erforderlich, auch Verträge mit Ärzten für den Fall einer Betriebsaufnahme abzuschließen. Insbesondere der Vertrag mit dem ärztlichen Leiter war sogar eine wesentliche Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit des MVZ insgesamt.

 

2.                  Trifft es zu, dass zumindest einer der Ärzte in einem arbeitsrechtlichen Vergleich eine Entschädigung in Höhe von 65 000 € durchgesetzt hat?

 

Es trifft zu, dass – nachdem mangels MVZ-Genehmigung auch die im Vorfeld geschlossenen Verträge nicht vollzogen werden konnten – der als Leiter vorgesehene Arzt eine Klage beim Arbeitsgericht eingereicht hat. Dieses Verfahren führte letztlich auf Empfehlung der Anwälte zu einem Vergleich. Dieser wurde von der Betriebskommission in einer Sondersitzung Ende 2007 beschlossen und dem Kreisausschuss Anfang 2008 zur Kenntnis gegeben.

 

3.                  Wer hat die Verträge mit den Ärzten abgeschlossen?

 

Die Verträge wurde zunächst von der damaligen Geschäftsführerin der Kreiskliniken GmbH geschlossen und wurden, als durch Kreistagsbeschluss die Zuständigkeit für das MVZ-Projekt auf den Eigenbetrieb Kreiskrankenhäuser übertragen wurde, auf diesen umgestellt.

 

4.                  Wer hat wen, wann und in welcher Form dazu beauftragt?

 

Die Gesellschafterversammlung der Kreiskliniken GmbH hat in ihrer Sitzung am 20. Mai 2007 den Grundsatzbeschluss zur MVZ-Gründung gefasst und die notwendigen Anpassungen des Gesellschaftsvertrags vorgenommen. In der Begründung der Beschlussvorlage hat die Geschäftsführung auf notwendige und teilweise auch schon abgeschlossene Vorverträge hingewiesen. Nach der Beratung im Kreisausschuss wurde der Kreistag über den Ausschuss Gleichstellung, Generationen und Soziales am 18. Juni 2007 über die beabsichtigte MVZ-Gründung sowie die erforderlichen Vorverträge informiert.

 

 

5.                  Welcher Personenkreis und welche Gremien hatten wann Kenntnis davon, dass besagte Verträge abgeschlossen werden sollen? In welcher Form?

 

Im weiteren Verlauf des „MVZ-Projektes“ hat sich der Landkreis Darmstadt-Dieburg dafür entschieden, die Zuständigkeit von der Kreiskliniken GmbH auf den Eigenbetrieb Kreiskrankenhäuser zu übertragen. In der diesbezüglichen Beschlussvorlage wurde ebenfalls auf die bereits unter Ziff. genannten Vorverträge hingewiesen. Die entsprechenden Beschlüsse erfolgten durch den Haupt- und Finanzausschuss am 25. Juni 2007 sowie den Kreistag am 2. Juli 2007.

 

6.                  Welcher Personenkreis und welche Gremien sind nach Abschluss der Verträge wann und durch wen informiert worden? In welcher Form?

 

Wer außerhalb der Kreisverwaltung wann und in welcher Form über den Abschluss der Verträge informiert wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Kreisverwaltung und Kreisgremien wurden ausschließlich im Zuge der Vorlagenerstellung und Beschlussfassung über die MVZ-Gründung informiert (vgl. Ziff. 4. und 5.)..

 

7.                  Was wurde auf Grund der Kenntnis über die Vertragsabschlüsse wann und von wem veranlasst?

 

In Kenntnis der Existenz von Vorverträgen (vgl. Ziff. 4. bis 6.) hat das Beteiligungsmanagement unmittelbar nach Scheitern des Eilantragsverfahrens zur Genehmigung des MVZ vor dem Sozialgericht in Marburg die zuständigen Mitarbeiter des Eigenbetriebs beauftragt, die Vorverträge zu beenden.

 

8.                  Warum waren die für das MVZ vorgesehenen Arztstellen nicht im entsprechenden vom Kreistag genehmigten Stellenplan des WP 2008 ausgewiesen worden, obwohl die Kosten für das MVZ im Übrigen bis zur Verabschiedung des Wirtschaftsplans eingestellt waren?

 

Zu keinem Zeitpunkt war die Anstellung eines Arztes im Krankenhaus vereinbart oder vorgesehen. Vielmehr sollte das MVZ schnellstmöglich (Beschlusslage: zum 1. Januar 2008) durch eine eigenständige Rechtsform betrieben werden. Eine Relevanz für den Stellenplan des Eigenbetriebs Kreiskrankenhäuser im Jahr 2008 wäre damit also auch im Fall der MVZ-Gründung nicht gegeben gewesen.

 

9.                  Wie lauten die Vollmachten, die die vormalige Leiterin des Eigenbetriebs Kreiskrankenhäuser auf Grund ihres Geschäftsführervertrages hinsichtlich der Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern hatte?

 

Die maßgebliche Geschäftsordnung liegt als Anlage bei.

 

10.              Warum war eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung nur mit einem der Ärzte erforderlich?

 

Aus Kreissicht wäre die arbeitsrechtliche Auseinandersetzung auch hier nicht erforderlich gewesen. Allerdings wurden wir in diesem Fall vom ehemaligen Vertragspartner verklagt.

 

11.              Gab es in arbeitsrechtlichen Belangen unterschiedliche Verträge? Wenn ja, warum und auf wessen Veranlassung?

 

Die genannten Vorverträge waren notwendiger Weise ganz unterschiedlicher Natur. So ging es u. a.  um den reinen Erwerb von Vermögensgegenständen (Praxis Schielke). Arbeitsrechtlich verwendet die Kreiskliniken GmbH einheitliche mit dem Arbeitgeberverband abgestimmte Verträge, die punktuelle an den Einzelfall angepasst werden. Die Anpassung war hier in Bezug auf die besondere Stellung des medizinischen Leiters erforderlich. Dieser darf u. a. keinen Weisungen in medizinischen Angelegenheiten unterliegen.

 

12.              Wer hatte ggf. unterschiedliche Vertragsinhalte vorgegeben oder formuliert?

 

Es ist alleinige Aufgabe der Geschäftsführung der Kreiskliniken GmbH gewesen, die Beschlüsse zur MVZ-Gründung umzusetzen und die erforderlichen Verträge unter Beachtung ggf. bestehender Zustimmungserfordernisse abzuschließen (vgl. insb. Ziff. 3 und 4 sowie 9.)

 

13.              Welche Musterverträge wurden zu Grunde gelegt?

 

(siehe Ziff. 11.)

 

14.              Enthielten die Arbeitsverträge überhaupt und wenn ja, welche Auflösungsklauseln für den Fall, dass das MVZ nicht genehmigt wird?
Wenn nein, warum nicht?

 

Nach den während der Vorbereitung auf den Arbeitsgerichtsprozess gewonnenen Erkenntnissen, wurde ein Abweichen vom Mustervertrag durch die Aufnahme einer Auflösungsklausel unterlassen, da die Einstellung explizit als Leiter des Medizinisches Versorgungszentrums erfolgte. Im Übrigen war man wohl davon ausgegangen, dass im Zweifel eine Kündigung während der Probezeit rechtlich möglich ist.

 

15.              Wann und in welcher Form wird der KA sicherstellen, dass sich eine derart unverantwortliche Verletzung von Dienstpflichten und ein derart skandalöser Umgang mit Steuergeldern nicht wiederholen können?

 

Das vergleichsweise Beenden eines mit hohen Risiken und zusätzlichen Gerichtskosten verbundenen Arbeitsgerichtsprozesses auf anwaltlichen Rat hin, stellt weder einen skandalösen Umgang mit Steuergeldern noch eine Verletzung von Dienstpflichten dar. Auch liegen bis heute keine Anhaltspunkte vor, dass der Vertragsabschluss durch die für die Kreiskliniken GmbH handelnden Personen eine „unverantwortliche Verletzung von Dienstpflichten“ darstellt.

Fakt ist allerdings, dass der rechtlichen Beratung in der Krankenhaussparte in der Vergangenheit durch die Geschäftsführerin insgesamt zu wenig Bedeutung beigemessen wurde. Deshalb wurde vom Kreisausschuss und der Betriebskommission sowie der amtierenden Geschäftsführung der Kreiskliniken-GmbH sowie der Dienstleistungs-GmbH ein entsprechender Rahmenvertrag mit der Kanzlei BLP-Medizinanwälte, Bad Homburg, abgeschlossen.

Bis zum Abschluss der Überprüfung sämtlicher Vertragsbeziehungen ist damit jedoch auch ein erhöhter finanzieller Aufwand verbunden. Dafür werden rechtliche Risiken, wie etwa dieser Arbeitsprozess, deutlich reduziert.

 

16.              Welche Schadenseratzforderungen sind wann und gegen wen eingeleitet worden?

 

Mögliche Anspruchsgrundslagen werden derzeit noch von den Anwälten geprüft. Da es sich aber gerade nicht um die in Frage 15 unterstellte unverantwortliche Verletzung von Dienstpflichten handelt, gestaltet sich die Prüfung nicht gerade einfach.

 

17.              Wie beurteilt der KA die Erfolgsaussichten einer Schadensersatzklage?

 

(siehe Ziff.16.)

 

18.              In welcher Höhe (einschließlich der Gerichtskosten) addieren sich inzwischen die Kosten für den Landkreis DADI für das gescheiterte – von SPD, Grünen, CDU und Freien Wählern unterstützte – MVZ-Vorhaben in Reinheim und wo werden sie jeweils etatisiert?

 

Zu den in der Beantwortung der FDP-Anfrage (1573-2007/DaDi) genannten Anwalts- und Verfahrenskosten kommen aus dem zwischenzeitlich abgeschlossenen arbeitsrechtlichen Verfahren 65.000 € aus dem Vergleich sowie rund 5.000 € als Anwaltshonorar. Zusammen ergibt sich ein Aufwand für den Eigenbetriebs Kreiskrankenhäuser in Höhe von rund 93.000 €[1].

 

Für die Beantwortung der Anfragen sind Personalkosten in Höhe von 145,00 Euro entstanden.



[1] Hinweis des Kreistagsbüros: Der ursprünglich in der Vorlage genannte Betrag von 73.000 € (Tippfehler) wurde im Rahmen der Niederschrift redaktionell auf 93.000 € korrigiert.