Sitzung: 10.03.2008 Kreistag
Beschluss: Kenntnis genommen
Anfrage der FDP-Fraktion:
1. Treffen Informationen darüber zu, dass vor der rechtlich nicht erfolgten Genehmigung des vom Kreis deshalb auch nicht weiter verfolgten Medizinischen Versorgungs-Zentrums (MVZ) in Reinheim Verträge mit Ärzten abgeschlossen wurden?
Wäre die Genehmigung (Zulassung durch den
Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung) erfolgt, hätte der
Landkreis Darmstadt-Dieburg, vertreten durch den Eigenbetrieb
Kreiskrankenhäuser unmittelbar die Verantwortung für das MVZ und dessen Betrieb
gehabt. Daher war es selbstverständlich erforderlich, auch Verträge mit Ärzten
für den Fall einer Betriebsaufnahme abzuschließen. Insbesondere der Vertrag mit
dem ärztlichen Leiter war sogar eine wesentliche Voraussetzung für die
Genehmigungsfähigkeit des MVZ insgesamt.
2. Trifft es zu, dass zumindest einer der Ärzte in einem arbeitsrechtlichen Vergleich eine Entschädigung in Höhe von 65 000 € durchgesetzt hat?
Es trifft zu, dass – nachdem mangels
MVZ-Genehmigung auch die im Vorfeld geschlossenen Verträge nicht vollzogen
werden konnten – der als Leiter vorgesehene Arzt eine Klage beim Arbeitsgericht
eingereicht hat. Dieses Verfahren führte letztlich auf Empfehlung der Anwälte
zu einem Vergleich. Dieser wurde von der Betriebskommission in einer
Sondersitzung Ende 2007 beschlossen und dem Kreisausschuss Anfang 2008 zur
Kenntnis gegeben.
3. Wer hat die Verträge mit den Ärzten abgeschlossen?
Die Verträge wurde zunächst von der damaligen
Geschäftsführerin der Kreiskliniken GmbH geschlossen und wurden, als durch
Kreistagsbeschluss die Zuständigkeit für das MVZ-Projekt auf den Eigenbetrieb
Kreiskrankenhäuser übertragen wurde, auf diesen umgestellt.
4. Wer hat wen, wann und in welcher Form dazu beauftragt?
Die Gesellschafterversammlung der Kreiskliniken
GmbH hat in ihrer Sitzung am 20. Mai 2007 den Grundsatzbeschluss zur
MVZ-Gründung gefasst und die notwendigen Anpassungen des Gesellschaftsvertrags
vorgenommen. In der Begründung der Beschlussvorlage hat die Geschäftsführung
auf notwendige und teilweise auch schon abgeschlossene Vorverträge hingewiesen.
Nach der Beratung im Kreisausschuss wurde der Kreistag über den Ausschuss
Gleichstellung, Generationen und Soziales am 18. Juni 2007 über die
beabsichtigte MVZ-Gründung sowie die erforderlichen Vorverträge informiert.
5. Welcher Personenkreis und welche Gremien hatten wann Kenntnis davon, dass besagte Verträge abgeschlossen werden sollen? In welcher Form?
Im weiteren Verlauf des „MVZ-Projektes“ hat sich
der Landkreis Darmstadt-Dieburg dafür entschieden, die Zuständigkeit von der
Kreiskliniken GmbH auf den Eigenbetrieb Kreiskrankenhäuser zu übertragen. In
der diesbezüglichen Beschlussvorlage wurde ebenfalls auf die bereits unter
Ziff. genannten Vorverträge hingewiesen. Die entsprechenden Beschlüsse
erfolgten durch den Haupt- und Finanzausschuss am 25. Juni 2007 sowie den
Kreistag am 2. Juli 2007.
6. Welcher Personenkreis und welche Gremien sind nach Abschluss der Verträge wann und durch wen informiert worden? In welcher Form?
Wer außerhalb der Kreisverwaltung wann und in
welcher Form über den Abschluss der Verträge informiert wurde, entzieht sich
unserer Kenntnis. Kreisverwaltung und Kreisgremien wurden ausschließlich im Zuge
der Vorlagenerstellung und Beschlussfassung über die MVZ-Gründung informiert
(vgl. Ziff. 4. und 5.)..
7. Was wurde auf Grund der Kenntnis über die Vertragsabschlüsse wann und von wem veranlasst?
In Kenntnis der Existenz von Vorverträgen (vgl.
Ziff. 4. bis 6.) hat das Beteiligungsmanagement unmittelbar nach Scheitern des
Eilantragsverfahrens zur Genehmigung des MVZ vor dem Sozialgericht in Marburg
die zuständigen Mitarbeiter des Eigenbetriebs beauftragt, die Vorverträge zu
beenden.
8. Warum waren die für das MVZ vorgesehenen Arztstellen nicht im entsprechenden vom Kreistag genehmigten Stellenplan des WP 2008 ausgewiesen worden, obwohl die Kosten für das MVZ im Übrigen bis zur Verabschiedung des Wirtschaftsplans eingestellt waren?
Zu keinem Zeitpunkt war die Anstellung eines
Arztes im Krankenhaus vereinbart oder vorgesehen. Vielmehr sollte das MVZ
schnellstmöglich (Beschlusslage: zum 1. Januar 2008) durch eine eigenständige
Rechtsform betrieben werden. Eine Relevanz für den Stellenplan des
Eigenbetriebs Kreiskrankenhäuser im Jahr 2008 wäre damit also auch im Fall der
MVZ-Gründung nicht gegeben gewesen.
9. Wie lauten die Vollmachten, die die vormalige Leiterin des Eigenbetriebs Kreiskrankenhäuser auf Grund ihres Geschäftsführervertrages hinsichtlich der Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern hatte?
Die maßgebliche Geschäftsordnung liegt als Anlage
bei.
10. Warum war eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung nur mit einem der Ärzte erforderlich?
Aus Kreissicht wäre die arbeitsrechtliche
Auseinandersetzung auch hier nicht erforderlich gewesen. Allerdings wurden wir
in diesem Fall vom ehemaligen Vertragspartner verklagt.
11. Gab es in arbeitsrechtlichen Belangen unterschiedliche Verträge? Wenn ja, warum und auf wessen Veranlassung?
Die genannten Vorverträge waren notwendiger Weise ganz
unterschiedlicher Natur. So ging es u. a.
um den reinen Erwerb von Vermögensgegenständen (Praxis Schielke).
Arbeitsrechtlich verwendet die Kreiskliniken GmbH einheitliche mit dem
Arbeitgeberverband abgestimmte Verträge, die punktuelle an den Einzelfall
angepasst werden. Die Anpassung war hier in Bezug auf die besondere Stellung
des medizinischen Leiters erforderlich. Dieser darf u. a. keinen Weisungen in
medizinischen Angelegenheiten unterliegen.
12. Wer hatte ggf. unterschiedliche Vertragsinhalte vorgegeben oder formuliert?
Es ist alleinige Aufgabe der Geschäftsführung der
Kreiskliniken GmbH gewesen, die Beschlüsse zur MVZ-Gründung umzusetzen und die
erforderlichen Verträge unter Beachtung ggf. bestehender
Zustimmungserfordernisse abzuschließen (vgl. insb. Ziff. 3 und 4 sowie 9.)
13. Welche Musterverträge wurden zu Grunde gelegt?
(siehe Ziff. 11.)
14.
Enthielten die Arbeitsverträge überhaupt und wenn ja,
welche Auflösungsklauseln für den Fall, dass das MVZ nicht genehmigt wird?
Wenn nein, warum nicht?
Nach den während der Vorbereitung auf den
Arbeitsgerichtsprozess gewonnenen Erkenntnissen, wurde ein Abweichen vom
Mustervertrag durch die Aufnahme einer Auflösungsklausel unterlassen, da die
Einstellung explizit als Leiter des Medizinisches Versorgungszentrums erfolgte.
Im Übrigen war man wohl davon ausgegangen, dass im Zweifel eine Kündigung
während der Probezeit rechtlich möglich ist.
15. Wann und in welcher Form wird der KA sicherstellen, dass sich eine derart unverantwortliche Verletzung von Dienstpflichten und ein derart skandalöser Umgang mit Steuergeldern nicht wiederholen können?
Das vergleichsweise Beenden eines mit hohen
Risiken und zusätzlichen Gerichtskosten verbundenen Arbeitsgerichtsprozesses
auf anwaltlichen Rat hin, stellt weder einen skandalösen Umgang mit
Steuergeldern noch eine Verletzung von Dienstpflichten dar. Auch liegen bis
heute keine Anhaltspunkte vor, dass der Vertragsabschluss durch die für die
Kreiskliniken GmbH handelnden Personen eine „unverantwortliche Verletzung von
Dienstpflichten“ darstellt.
Fakt ist allerdings, dass der rechtlichen Beratung
in der Krankenhaussparte in der Vergangenheit durch die Geschäftsführerin insgesamt
zu wenig Bedeutung beigemessen wurde. Deshalb wurde vom Kreisausschuss und der
Betriebskommission sowie der amtierenden Geschäftsführung der
Kreiskliniken-GmbH sowie der Dienstleistungs-GmbH ein entsprechender
Rahmenvertrag mit der Kanzlei BLP-Medizinanwälte, Bad Homburg, abgeschlossen.
Bis zum Abschluss der Überprüfung sämtlicher
Vertragsbeziehungen ist damit jedoch auch ein erhöhter finanzieller Aufwand
verbunden. Dafür werden rechtliche Risiken, wie etwa dieser Arbeitsprozess,
deutlich reduziert.
16. Welche Schadenseratzforderungen sind wann und gegen wen eingeleitet worden?
Mögliche Anspruchsgrundslagen werden derzeit noch
von den Anwälten geprüft. Da es sich aber gerade nicht um die in Frage 15
unterstellte unverantwortliche Verletzung von Dienstpflichten handelt, gestaltet
sich die Prüfung nicht gerade einfach.
17. Wie beurteilt der KA die Erfolgsaussichten einer Schadensersatzklage?
(siehe Ziff.16.)
18. In welcher Höhe (einschließlich der Gerichtskosten) addieren sich inzwischen die Kosten für den Landkreis DADI für das gescheiterte – von SPD, Grünen, CDU und Freien Wählern unterstützte – MVZ-Vorhaben in Reinheim und wo werden sie jeweils etatisiert?
Zu den in der Beantwortung der FDP-Anfrage
(1573-2007/DaDi) genannten Anwalts- und Verfahrenskosten kommen aus dem zwischenzeitlich
abgeschlossenen arbeitsrechtlichen Verfahren 65.000 € aus dem Vergleich sowie rund
5.000 € als Anwaltshonorar. Zusammen ergibt sich ein Aufwand für den
Eigenbetriebs Kreiskrankenhäuser in Höhe von rund 93.000 €[1].
Für die Beantwortung der Anfragen sind Personalkosten in Höhe von 145,00 Euro entstanden.
[1] Hinweis des Kreistagsbüros: Der ursprünglich in der Vorlage genannte Betrag von 73.000 € (Tippfehler) wurde im Rahmen der Niederschrift redaktionell auf 93.000 € korrigiert.