Beschluss: Kenntnis genommen

Erster Kreisbeigeordneter Ahrnt gibt auf Nachfrage der Abg. Wucherpfennig (SPD) in der Sitzung des Infrastruktur- Gesundheits- und Umweltausschusses am 28.08.2019 zu der Vorlage-Nr. 2522-2019/DaDi die nachfolgende Stellungnahme des Rhein-Main Verkehrsverbunds zum Einsatz von Doppelstockwagen auf der Odenwaldbahn zur Kenntnis:

 

 

Der RMV sieht derzeit keine Möglichkeit zum Einsatz von Doppelstockwagen auf der Odenwaldbahn. Der Einsatz von Doppelstockwagen beschränkte sich in der Vergangenheit vor Aufnahme des Betriebs durch die VIAS auf einzelne Zugfahrten die zwischen Frankfurt und Stuttgart auf der Odenwaldbahn über Hanau und Eberbach geführt wurden. Mit der umfangreichen Modernisierung der Infrastruktur auf der Odenwaldbahn wurde ein neues Fahrplankonzept eingeführt, das insbesondere zahlreiche Durchbindungen nach Frankfurt, eine höhere Streckengeschwindigkeit und häufigere Verbindungen beinhaltet. Dieses erfolgreiche Konzept hat zu einer großen Steigerung der Nachfrage geführt.

 

Für die Durchführung des Fahrplanprogramms sind spurtstarke Fahrzeuge notwendig, um die Fahrzeiten zwischen den Begegnungspunkten auf der Odenwaldbahn halten zu können. Diese Fahrzeiten können derzeit nur von Triebwagen wie dem eingesetzten Fahrzeugtyp Itino erreicht werden. Spurtstarke Doppelstocktriebwagen gibt es auf dem Fahrzeugmarkt nicht als Gebrauchtfahrzeuge und als Neufahrzeuge nur in der Ausführung für elektrifizierte Strecken. Der RMV hat zur Überprüfung der Möglichkeit des Einsatzes von Doppelstockzügen mit marktüblichen Diesellokomotiven auf der Odenwaldbahn eine Fahrzeitrechnung beauftragt. Diese Fahrzeitrechnung hat ergeben, dass die fahrdynamischen Eigenschaften eines Doppelstockzuges die heutigen Fahrzeiten nicht erreichen und damit den Bestandsfahrplan nicht abbilden können. Der heutige Fahrplan reizt in der Hauptverkehrszeit die Infrastruktur voll aus. Für den Einsatz von Doppelstockzügen müsste in der Hauptverkehrszeit die Anzahl der Fahrten gegenüber heute reduziert werden. Aus unserer Sicht ist eine Reduzierung der Fahrten angesichts der hohen Nachfrage jedoch keine Option.

 

Bei den besonders stark nachgefragten Direktfahrten von/nach Frankfurt ist im Frankfurter Hauptbahnhof eine Durchbindung der Fahrten RE85<>RB82 aufgrund der dichten Gleisbelegung notwendig. Eine Isolierung einzelner Fahrten auf Umläufe anderer Fahrzeugtypen ist bei diesen Fahrten nicht weiter möglich. Der Einsatz von Doppelstockwagen müsste damit ganztägig auch auf Fahrten erfolgen, bei denen dies aus Kapazitätsgründen nicht erforderlich ist.

 

Hinsichtlich der Kapazität stehen auf der Strecke nur nutzbare Bahnsteiglängen von 115 Metern zur Verfügung. Diese unterscheiden sich von den baulichen Bahnsteiglängen durch einen generellen Kennwert für Halteungenauigkeiten. An den Bahnsteigen der Odenwaldbahn könnten damit nur maximal Doppelstockzüge mit Diesellok und drei Wagen halten. Diese Fahrzeugeinheiten bieten gegenüber einer Dreifachtraktion Itino keine wesentlichen Kapazitätssteigerungen, da Verlustlängen durch die gesonderte Antriebseinheit, die notwendigen Treppenaufgänge und die nicht vollständig ausgenutzte Bahnsteiglänge bestehen. Darüber hinaus weisen Züge mit vier Doppelstockwagen gegenüber den Zügen mit drei Doppelstockwagen noch weitere fahrdynamische Verluste auf und sind damit noch langsamer. Türen an einzelnen Bahnsteigen zu sperren, um längere Züge zu fahren, sehen wir nicht als zielführend an, da hier für die Fahrgastlenkung auch das Zugbegleitpersonal benötigt wird. Ist ein Zug beispielsweise wegen Personalengpässen ohne Zugbegleitpersonal unterwegs, müsste der Halt entfallen und dies kann nicht im Interesse der Fahrgäste sein. Weiterhin sind neben den Bahnsteiglängen auch die Standorte der Signale zu beachten, zwischen welche die längeren Züge passen müssen. Weil Signale als sicherungstechnische Einrichtungen nicht einfach verschoben werden können, haben wir eine Studie zur Verlängerung der Bahnsteige durchgeführt, um die für längere Züge notwendigen Umbauarbeiten zu ermitteln.

 

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine Verlängerung der Bahnsteige technisch möglich ist, aber die dafür notwendigen Investitionen hinsichtlich Förderwürdigkeit mit dem Instrumentarium der Nutzen-Kosten-Untersuchung nach dem standardisierten Bewertungsverfahren für Verkehrswegeinvestitionen trotz hoher Auslastung nicht nachgewiesen werden können. Dies stellt ein grundlegendes Problem bei der Bewertung von Investitionsmaßnahmen dar, wenn bereits ein gutes Nahverkehrsangebot vorliegt. Der RMV sucht daher nach Möglichkeiten einen Teil der Maßnahmen zur Kapazitätssteigerung der Odenwaldbahn über weitere Förderwege zu realisieren. Gleichzeitig werden gemeinsam Möglichkeiten zur Optimierung des Verkehrsangebotes im laufenden Verkehrsvertrag geprüft.