Anfrage der Fraktion von Die Linke:
In den Medien wurden kürzlich die Kreiskliniken Darmstadt Dieburg beschuldigt in der Psychiatrie weit über den Landesdurchschnitt hinaus Patienten zu fixieren. Dies ging aus einer Antwort des hessischen Sozialministers Kai Klose (Die Grünen) auf eine Anfrage der SOD Abgeordneten Daniela Sommer hervor.
Hierzu fragen wir an:
Vorbemerkung von Kreisklinik:
In der übermittelten Anfrage der Fraktion von Die Linke wird
ausgeführt, dass kürzlich in den Medien die Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
beschuldigt worden seien, dass in der Psychiatrie weit über den
Landesdurchschnitt hinaus Patienten fixiert würden. Dies würde aus einer
Antwort des hessischen Sozialministers Kai Klose (Die Grünen) auf eine Anfrage
der SOD Abgeordneten Daniela Sommer hervorgehen. Hierzu nehmen wir gerne wie
folgt Stellung.
Beide Aussagen sind
sachlich falsch. Zum einen wurden die Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg zu keiner
Zeit in den Medien beschuldigt und zum anderen liegen die Fixierungen im
Zentrum für Seelische Gesundheit keinesfalls über dem Landesdurchschnitt,
sondern sind im hessenweiten Vergleich ausgesprochen niedrig (aus der Antwort
auf die kleine Anfrage, Hessischer Landtag, öffentliche Drucksache 20/577, geht
hervor, dass die Klinik Frankfurt-Höchst das 8fache und das Klinikum Bad
Hersfeld das 3fache an Fixierungen angibt, von den übrigen Einrichtungen liegen
keine konkreten Zahlen vor). Das Zentrum für Seelische Gesundheit von
Groß-Umstadt hat zur Verbesserung der psychiatrischen Versorgung unter anderem
an Leitlinienentwicklungen der DGPPN (S3-Leitlinie „Schizophrenie“ und
„Verhinderung von Zwang: Prävention und Therapie aggressiven Verhaltens bei
Erwachsenen“) mitgewirkt und ist an der Pilotstudie zur Implementierung zur
letztgenannten Leitlinie beteiligt. Aufgrund der hier vorhandenen hohen
Expertise bietet das Zentrum für Seelische Gesundheit Schulung und Beratung zur
Gewaltprävention und Zwangsmaßnahmenreduktion für psychiatrische und andere
Gesundheitseinrichtungen an (Leitende Pflegekraft Herr Walter).
Ergänzend beantworten wir die in der o.g. parlamentarischen Anfrage
formulierten Fragen wie folgt. Sofern die Fragen aus den vorhandenen Unterlagen
und Daten nicht zu beantworten waren, haben wir dies gesondert dargelegt.
- Wie viele Mitarbeiter der Kreiskliniken sind und der Psychiatrie beschäftigt? Wie viele davon arbeiten Vollzeit? Wie viele davon in Teilzeit? Wie viele davon üben eine geringfügige Beschäftigung aus? Wie viele davon einen Minijob?
Im Zentrum für Seelische Gesundheit sind
etwa 19 MitarbeiterInnen in Vollzeit und 41 MitarbeiterInnen in Teilzeit
(Stellenanteil 20 % bis 90 %) im ärztlichen, psychologischen,
sozialarbeiterischen und spezialtherapeutischen Dienst sowie im Funktionsdienst
beschäftigt. Einen Minijob übt dabei niemand aus. Im Bereich der Pflege des
Zentrums für Seelische Gesundheit sind 74 MitarbeiterInnen tätig, dies
entspricht 38 MitarbeiterInnen in Vollzeit und 26 MitarbeiterInnen in Teilzeit
(Stellenanteil 50 % bis 80 %) sowie 10 MinijoblerInnen.
- Werden in der Psychiatrie der Kreiskliniken externe Anbieter, FSJler, Schüler, Studierende, Hlifs- oder Honorarkräfte als Sitzwachen für den Einsatz zu einer Betreuung von Fixierungen eingesetzt?
Wenn ja wie viele?
Im Zentrum für Seelische Gesundheit werden
keine Personen aus dem o.g. Personenkreis als Sitzwachen zu einer Betreuung bei
Fixierungen eingesetzt. Eine kontinuierliche Betreuung der fixierten Patienten
wurde und wird durch ein mindestens 3jährig ausgebildetes, examiniertes
Pflegepersonal durchgeführt.
- Wie viele Beschäftigte der Psychiatrie mussten 2018 und bis 30.09.2019 im Jahresdurchschnitt wie viele Patienten betreuen?
Im Bereich der Pflege des Zentrums für
Seelische Gesundheit im stationären Bereich bei einer maximalen Anzahl von 76
Betten entspricht dies etwa 0,65 VK pro Patient, bei einer durchschnittlichen
Auslastung von etwa 92 % ist der Betreuungsschlüssel von einzelner Pflegekraft
zu Patient allerdings noch besser. Im stationären Bereich des Zentrums für
Seelische Gesundheit sind für die drei Stationen mit einer durchschnittlichen
Belegung von 68,5 Patienten etwa 7,2 AssistenzärztInnen und FachärztInnen und
2,7 OberärztInnen zuständig, entsprechend 1 Arzt für etwa 7 Patienten
zuständig. Im Bereitschaftsdienst (nachts, Wochenende) ist ein Arzt für alle
Patienten zuständig, zusätzlich wird ein oberärztlicher Hintergrunddienst
gestellt. Im hiesigen Zentrum für Seelische Gesundheit betreuen aktuell auf den
Akutstationen 2,2 VK PsychologInnen 69 PatientInnen, damit ergibt sich rein
rechnerisch ein Betreuungsverhältnis von 31 PatientInnen pro VK. In der
Einzelbetreuung hat eine PsychologIn etwa 6-8 Patienten. Für die
SpezialtherapeutInnen ergibt sich für die Akutstationen ein
Betreuungsverhältnis von etwa 14,4 Patienten pro VK SpezialtherapeutIn. Die
Gruppengröße beträgt in der Regel je nach Angebot etwa 4-8 Patienten. Für die
SozialarbeiterInnen (5 MitarbeiterInnen) mit etwa 3,2 VK für den
vollstationären Bereich ergibt sich rechnerisch etwa eine VK für
durchschnittlich 22 Patienten.
- Sollte externes Personal in der Psychiatrie eingesetzt werden, fragen wir nach, welche Qualifikation die haben sollen?
Im Zentrum für Seelische Gesundheit wurde in
dem angefragten Zeitraum kein externes Personal eingesetzt und soll auch in
Zukunft nicht eingesetzt werden.
- Führen die Kreiskliniken Darmstadt Dieburg über Fixierungen in der Psychiatrie eine Statistik?
Wenn ja, wie viele Fixierungen gab es 2018 und bis 30.09.2019 in der Psychiatrie?
Im Jahr 2018 waren insgesamt bei 26
Patienten (Fälle) Fixierungen notwendig, dies entspricht durchschnittlich etwa
2 über kurze Zeit fixierten Patienten pro Monat. Im Jahr 2019 bis zum
30.09.2019 waren bislang bei 18 Patienten Fixierungen notwendig, dies
entspricht durchschnittlich erneut 2 fixierten Patienten pro Monat.
a. Halten die Kreiskliniken die bestehende Rechtslage bei Fixierungen ein?
Ja, das Zentrum
für Seelische Gesundheit hält selbstverständlich die Rechtslage ein.
b. Liegt eine richterliche Anordnung und eine Genehmigung der Angehörigen bei Fixierung vor?
Wenn nein, warum?
Es wird entsprechend der gesetzlichen
Regelung und Anweisung immer eine richterliche Genehmigung beantragt, sofern
die Fixierung vorrausichtlich länger als 30 Minuten dauert. Eine weitere
Fixierung erfolgt immer nur mit richterlicher Genehmigung. Eine Zustimmung der
Angehörigen ist gesetzlich nicht erforderlich.
c. Begleitet diese eins zu eins Betreuung ein therapeutisches oder pflegerisches Personal – angeordnet und überwacht durch einen Arzt?
Im Zentrum für Seelische Gesundheit findet
eine kontinuierliche Betreuung der fixierten Patienten durch ausgebildetes,
examiniertes Pflegepersonal statt, die dementsprechenden Maßnahmen werden durch
einen Arzt angeordnet und überwacht. Es erfolgt eine fortlaufende Dokumentation
dieser Maßnahmen.
d. Wird nach der Beendigung des Fixierung der Patient hingewiesen, dass die Zulässigkeit der Fixierung überprüft werden kann?
Dieser Hinweis wird dem Patienten gegeben.
- Besteht von der Leitung der Kreiskliniken die Absicht mehr Personal (und damit mehr Zeit für die Patienten), qualifiziertes Personal für Sitzwachen, mehr sozialtherapeutische Angebote mit einen 24 Stunden Krisendienst, zu schaffen?
Wenn ja, wie viel Mehrpersonal in der Psychiatrie würde dies bedeuten?
Nein, diese Absicht besteht derzeit nicht.
Das Zentrum für Seelische Gesundheit stellt eine 24-Stunden-Versorgung der
Patienten (einschließlich der ambulanten Notfallversorgung) für den (östlichen)
Landkreis Darmstadt-Dieburg sicher. Insofern ist nicht klar, was mit einem
„sozialtherapeutischen“ Angebot eines 24 Stunden Krisendienstes gemeint ist. In
der Region besteht ein differenziertes psychiatrisch und psychosoziales
Netzwerk, hierzu wird auf den vom Gesundheitsamt herausgegebenen Psychosozialen
Wegweiser verwiesen (mit u.a. Psychiatrischem Notdienst).
- Hält die Leitung der
Kreiskliniken Darmstadt Dieburg eine durchschnittliche - in Höhe von zehn
Fixierungen- für Patienten in der Psychiatrie für medizinisch notwendig –
oder erfolgte Fixierung auch wegen fehlendem Personal?
Es ist davon auszugehen, dass sich
die durchschnittliche Höhe von „zehn Fixierungen“ auf einen Presseartikel in
der Frankfurter Rundschau „Fixierung in Psychiatrie erfolgt oft wegen
Personalmangel“ der Jutta Rippegather vom 10.09.2019 mit Angaben zu den
Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg bezieht. Dieser Artikel ist diesbezüglich
inhaltlich falsch, deswegen wurde das Hessische Ministerium für Soziales und
Integration seitens der Geschäftsführung und des Chefarztes des Zentrums für
Seelische Gesundheit schriftlich um eine öffentlichkeitswirksame
Richtigstellung im Interesse einer objektiven und korrekten Information der
BürgerInnen gebeten. Wegen Personalmangels kam es in keinem einzigen Fall zu
einer Fixierung.
Wir laden gerne 1-2 stellvertretende
Mitglieder der Fraktionen des Kreistags nach Terminabsprache und unter
Einhaltung des Datenschutzes/Schweigepflicht zu einem persönlichen Gespräch in
das Zentrum für Seelische Gesundheit ein, um über psychische Erkrankungen,
rechtliche Grundlagen, den Versorgungsauftrag und unsere Verfahrensweisen zu
informieren und Missverständnisse auszuräumen. Wir würden uns freuen, wenn Sie
der Einladung folgen und wir Sie im „grünen Haus“ vor Ort begrüßen können.