Kreisbeigeordnete
Lück informiert den Kreistag
über das Ergebnis der Prüfung zu den
Möglichkeiten der Einrichtung eines stationären Hospizes im Landkreis
(Beschluss des Kreistages vom 1.11.2017).
Bei der gemeinsam mit den Trägern der
Hospizvereine zu erörternden Prüfung, sollte insbesondere auch berücksichtigt
werden, inwieweit Bedarf für ein Kinderhospiz besteht, inwieweit eine
Palliativstation an das Kreiskrankenhaus in Groß-Umstadt angegliedert werden
kann und inwieweit die im Landkreis tätigen Hospizvereine bzw. deren Angebote
unterstützt werden können.
Zur Umsetzung des Beschlusses wurden
zwischen März und Mai 2018 ausführliche Interviews mit den Verantwortlichen der
im Landkreis tätigen vier Hospizvereine geführt, an denen die Sozial- und Jugenddezernentin
Frau Lück persönlich teilnahm. Zusätzliche Informationen konnten über Gespräche
mit Expertinnen und Experten aus der Hospiz- und Palliativarbeit, insbesondere
über die Mitarbeiterinnen der Koordinations- und Ansprechstelle für Dienste der
Sterbebegleitung und Angehörigenbetreuung in Hessen (KASA), einer vom
Hessischen Ministerium für Soziales und Integration finanzierten landesweiten
Fachstelle, gewonnen werden. Grundlage der folgenden Bedarfsberechnung sind
zudem Unterlagen von Herrn Friedhelm Menzel, Erster Vorsitzender des
Evangelischen Hospiz- und Palliativvereins Darmstadt e.V., für seinen Vortrag
im Ausschuss für Gleichstellung, Generationen und Soziales im Landkreis am 9.
April 2018.
Zur Frage, inwieweit eine Palliativstation
an das Kreiskrankenhaus in Groß-Umstadt angegliedert werden kann, ist eine
Stellungnahme der Geschäftsführung der Kreiskliniken als Anlage beigefügt.
Die Interviews mit den Verantwortlichen der
Hospizvereine fanden in den Räumlichkeiten der Hospizvereine statt. In der
Regel nahmen daran Vertreterinnen und Vertreter der jeweiligen
Vereinsvorstände, die hauptamtlichen Koordinatorinnen und auch ehrenamtlich
Engagierte teil.
In den Gesprächen wurden die verschiedenen
Angebote der Vereine und deren Finanzierung sowie die Bedarfssituation im stationären und
ambulanten Bereich thematisiert:
Die jeweiligen Einzugsgebiete der vier im
Landkreis tätigen Hospizvereine sind unterschiedlich groß. Aufgrund von
entsprechenden Absprachen untereinander können jedoch alle Städte und Gemeinden
im Landkreis Darmstadt-Dieburg mit hospizlichen Angeboten der Dienste versorgt
werden (Anlage).
Alle Hospizvereine sind Mitglied im
PalliativNetz Darmstadt (PANDA) und betreiben aktiv Netzwerkarbeit.
Angebote
Auf der Grundlage von § 39a SGB V und der
entsprechenden Rahmenvereinbarung[1] beinhaltet die
Angebotspalette der Vereine:
- die hospizliche Begleitung und palliativ-pflegerische Beratung
Schwerkranker und Sterbender und ihrer Angehörigen zuhause und in
Einrichtungen – Krankenhäuser, Pflegeheime u.a..
- Öffentlichkeitsarbeit, Vorträge (Hospizidee, Patientenverfügung
u.a.m.)
- Rekrutierung und Qualifizierung ehrenamtlich Engagierter (inklusive
Praxisbegleitungen, Fortbildungen, Supervisionen) und
Informationsveranstaltungen für Interessierte (bspw. sog.
Letzte-Hilfe-Kurse)
- Trauerbegleitung durch Einzelgespräche oder in Gruppen (bspw.
Trauercafe´)
Das Angebot des Malteser Hilfsdienstes e.V.
umfasst zusätzlich den Kinderhospiz- und Familienbegleitdienst Südhessen. Dabei
geht es um die häufig jahrelange Begleitung von Kindern und Jugendlichen mit
lebenslimitierenden Erkrankungen, meist in der häuslichen Umgebung. Oft wird
dabei das gesamte Familiensystem unterstützt und stabilisiert. Darüber hinaus
werden auch Kinder und Jugendliche begleitet, bei denen ein Elternteil
lebensbedrohlich erkrankt oder verstorben ist.
Wesentlicher Bestandteil der Arbeit der
Hospizvereine ist das Engagement ehrenamtlich Aktiver. Gemäß der
Rahmenvereinbarung setzen sich die Mitarbeitenden in den vier Hospizvereinen
zusammen aus: qualifizierten ehrenamtlich Engagierten für die konkrete
Fallarbeit und hauptamtlichen Fachkräften, die für Koordination und Vernetzung,
Öffentlichkeitsarbeit, die palliativ-pflegerische Beratung, die Begleitung der
Ehrenamtlichen und die Qualitätssicherung zuständig sind.
Finanzierung
Die Gesamtfinanzierung der Hospizvereine
setzt sich aus Beiträgen der Mitglieder, Spenden (Fundraising) und zum
überwiegenden Teil aus Zuschüssen der Krankenkassen gemäß § 39 a Abs. 2 SGB V
zusammen. Nur in einem Fall erhält ein Hospizverein eine Pauschalförderung im
Rahmen der Vereinsförderung einer Kommune (900,00 Euro jährlich).
Die Förderung der Kassen erfolgt durch einen
Zuschuss zu den notwendigen Personal- und Sachkosten, und bezieht sich auf
Leistungseinheiten, die sich aus der zu einem Stichtag im Vorjahr geleisteten
Anzahl von Sterbebegleitungen sowie der Anzahl der Ehrenamtlichen berechnen.
Der Zuschuss pro Leistungseinheit beträgt 13% der monatlichen Bezugsgröße (§ 18
Abs. 1 SGB IV), jedoch nicht mehr als die zuschussfähigen Personal- und Sachkosten.
Zu den Personalkosten zählen auch die Kosten für Fort- und Weiterbildung der
Fachkräfte. Die Fort- und Weiterbildung der Ehrenamtlichen wird pauschaliert
gefördert. Die Sachkosten schließen Fahrtkosten, Büromiete und Ausstattung,
Verwaltungsgemeinkosten und Versicherungen mit ein. Sie sind jedoch auf 2,2 %
der monatlichen Bezugsgröße begrenzt (§ 18 Abs. 1 SGB IV). Die Förderung wird
immer bezogen auf ein Kalenderjahr rückwirkend gezahlt. Für die Hospizvereine
bedeutet dies, zunächst in Vorleistung gehen zu müssen.
Grundsätzlich sind damit die fallbezogenen
Kosten der hospizlichen Begleitung und Beratung abgedeckt. Zu bedenken ist
jedoch, dass nachgewiesene Sachkosten nur bis zur Höhe von 2,2% der monatlichen
Bezugsgröße und der Gesamtzuschuss pro Leistungseinheit auf 13% der monatlichen
Bezugsgröße begrenzt sind. Nicht förderfähig sind zudem bspw. Personalkosten
für Verwaltungsfachkräfte oder noch nicht abschließend fortgebildete
Fachkräfte.
Ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und
Spenden muss die in allen Hospizvereinen zum Regelangebot gehörende
Trauerarbeit finanziert werden. Dies betrifft die konkrete Trauerbegleitung
durch Einzelgespräche und die qualifizierte Leitung von Trauergruppen ebenso,
wie die dafür notwendige Fort- und Weiterbildung für hauptamtliche Fachkräfte
und ehrenamtlich Engagierte. Im Rahmen der Gespräche mit den Hospizvereinen
betonten alle Verantwortlichen den notwendigen Bedarf an weiterer finanzieller
Unterstützung für diesen Bereich.
Bedarfseinschätzung
und Bedarfsberechnung für ein stationäres Hospiz / Kinderhospiz im Landkreis
Darmstadt-Dieburg
Verbindliche Bedarfszahlen, Indikatoren oder
auch Anhaltswerte für Plätze in stationären Hospizen gibt es nicht. Um den
Bedarf für den Landkreis Darmstadt-Dieburg abschätzen zu können, muss deshalb
auf bundesweite Vergleichszahlen zurückgegriffen werden:
So gibt es in Deutschland, nach Angaben des
Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes e.V.,
214 stationäre Erwachsene-Hospize mit im Durchschnitt 10 Plätzen (2140
Plätzen, Stand 2016). Bezogen auf die Einwohnerzahl Deutschlands (82,67 Mio. in
2016) ergibt dies eine Relation von 38.631 Einwohner/innen pro Platz im
Bundesdurchschnitt.
Für die Region Landkreis Darmstadt-Dieburg
und die Stadt Darmstadt stehen für insgesamt rund 455.000 Einwohner/innen
aktuell 12 Plätze im Agaplesion Elisabethenstift /Elisabethen-Hospiz zur
Verfügung. Dies ergibt eine Relation von 37.916 Einwohner/innen pro Platz und
damit eine etwas günstigere Relation als im Bundesdurchschnitt.
Zu bedenken ist auch, dass die Aufnahme in
ein stationäres Hospiz keinen regionalen Beschränkungen unterliegt, d.h.
Einwohner/innen aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg können und werden auch in
umliegenden Hospizen in der Region aufgenommen. Dies sind aktuell:
- Hospiz Bergstraße in Bensheim: 10
Plätze
- Hospiz Fanny de la Roche in Offenbach: 8 Plätze
- Hospiz Louise de Marillac in Hanau: 8
Plätze
- Rotary-Hospiz in Erbach: 8
Plätze
- Hospiz
Rhein-Main in Rodgau: 12
Plätze
(Eröffnung 2019)
Die Versorgungssituation für den Landkreis
Darmstadt-Dieburg mit stationären Hospizplätzen ist vor diesem Hintergrund mehr
als ausreichend. Dies konnten auch die Gesprächspartner/innen bei den befragten
Hospizvereinen bestätigen. Bislang gab es, so die Erfahrungsberichte, nur wenige
Betroffene, die auf einen Platz in einem stationären Hospiz warten und dann
evtl. auf eine ambulante Versorgung zurückgreifen mussten.
Kinderhospiz
In Hessen gibt es 10 ambulante
Kinderhospizdienste und zwei stationäre Kinderhospize:
- Kinderhospiz Bärenherz in Wiesbaden
- Heil-Haus in Kassel (Mehrgenerationen-Hospiz, in das auch Kinder
aufgenommen werden, mit speziellem, alternativ ganzheitlichem Konzept)
Die hospizliche Begleitung und Betreuung von
Kindern und Jugendlichen dauert von mehreren Wochen bis zu mehreren Jahren und
wird in der Regel in der häuslichen Umgebung zusammen mit der Familie der
Kinder durchgeführt. Wie die Gesprächspartnerinnen des Kinderhospiz- und
Familienbegleitdienstes der Malteser in Darmstadt berichteten, besteht ein starker
Wunsch der betroffenen Kinder und Jugendlichen und ihrer Eltern nach einer
Betreuung zuhause. Dementsprechend ist der Hauptgrund für eine Aufnahme in ein
Kinderhospiz die befristete Entlastung der Eltern bei Urlaub und Krankheit. Die
Auslastung ist deshalb auch Schwankungen unterworfen (Ferienzeiten). Nur ein
geringer Teil der betroffenen Kinder und Jugendlichen verbringt die letzte
Lebensphase in einem stationären Hospiz.
Fazit:
Im Landkreis Darmstadt Dieburg besteht
aktuell und in absehbarer Zukunft kein Bedarf für ein stationäres Hospiz. Die
vorhandenen Plätze im Elisabethen-Hospiz und in den stationären Hospizen der
Region sind ausreichend.
Alle befragten Expertinnen und Experten
sehen ebenfalls keinen Bedarf für ein stationäres Kinderhospiz.
Umso wichtiger für die Versorgung der
betroffenen Menschen im Landkreis Darmstadt-Dieburg mit hospizlichen Leistungen
sind deshalb die vier im Landkreis aktiven Hospizvereine. Deren Leistungen und
Angebote, vor allem in der konkreten Fallarbeit, werden zwar zum überwiegenden
Teil durch Zuschüsse der Krankenkassen finanziert. Gleichwohl können durch die
Limitierung der Zuschüsse, insbesondere bei den Sachkosten oder auch im Bereich
Fortbildung der ehrenamtlich Engagierten, finanzielle Engpässe entstehen.
Darüber hinaus muss der große Bereich der
von den Hospizvereinen geleisteten Trauerarbeit, inkl. der hierfür notwendigen
Qualifizierung der Mitarbeitenden, nach wie vor ausschließlich über
Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert werden. Aufgrund der zunehmenden gesellschaftlichen
Akzeptanz für Angebote der Trauerarbeit und Trauerbegleitung nimmt der Bedarf
hierfür dagegen beständig zu.
Vor
diesem Hintergrund schlägt Kreisbeigeordnete Lück dem Kreistag eine finanzielle
Unterstützung der vier im Landkreis
Darmstadt-Dieburg aktiven Hospizvereine, einschließlich des Malteser
Kinderhospiz- und Familienbegleitdienstes Südhessen, im Rahmen einer
institutionellen Förderung vor. Damit sollen zum einen finanzielle
Limitierungen der Kassenfinanzierung im Bereich der unmittelbaren Hospizarbeit
der Hospizvereine ausgeglichen werden. Zum anderen sollen damit Angebote der
Trauerarbeit und Trauerbegleitung ausgebaut und qualitätsgesichert
weiterentwickelt werden. Ganz generell wäre eine solche Förderung auch ein
wichtiger Beitrag des Landkreises Darmstadt-Dieburg, um die großartige und
unverzichtbare ehrenamtliche Arbeit der Hospizvereine anzuerkennen und zu unterstützen.
Die Höhe der finanziellen Unterstützung
sollte sich jeweils nach der Größe des Einzugsgebietes und prozentual zur Zahl
der Einwohner/innen[2] bemessen. Dabei wird eine
Obergrenze von 5.000,00 Euro (100%) vorgeschlagen. Die Hospizdienste
Evangelischer Hospiz- und Palliativverein Darmstadt e.V. und der Malteser Hilfsdienst
e.V. / Ambulanter Hospiz- und
Palliativberatungsdienst versorgen
dasselbe Einzugsgebiet. Die entsprechende Fördersumme sollte deshalb halbiert
werden.
Im Einzelnen würden sich somit folgende
Förderbeträge ergeben:
- Ökumenischer Hospizverein Vorderer Odenwald e.V.
Einwohner/innen im Einzugsgebiet: 132.520
(100%) = 5.000,00 Euro
- Hospizverein Pfungstadt e.V.
Einwohner/innen im Einzugsgebiet: 65.057
(42,3%) = 2.115,00 Euro
- Evangelischer Hospiz- und Palliativverein Darmstadt e.V.
Einwohner/innen im Einzugsgebiet: 106.167
(80,1%) = 4.005,00 Euro,
halbiert: 2.003,00 Euro
- Malteser Hilfsdienst e.V. / Ambulanter Hospiz- und
Palliativberatungsdienst
Einwohner/innen im Einzugsgebiet: 106.167 (80,1%) = 4.005,00 Euro,
halbiert: 2.003,00 Euro - Malteser Hilfsdienst e.V. / Kinderhospiz- und Familienbegleitdienst
Südhessen
Einzugsgebiet Südhessen: 1.000,00 Euro pauschal