Beschluss: Kenntnis genommen

Anfrage der Fraktion der AfD:

 

1.      Gibt es Untersuchungen dazu, in welchem prozentualen Umfang sich die Baukosten durch den erhöhten ökologischen Anspruch, der in den Leitlinien des Landkreises zum nachhaltigen Bauen festgelegt wird, gegenüber dem konventionellen Bauen nach den gültigen Normen erhöhen? Welche Kostensteigerung hat die Forderung nach einer Unterschreitung der jeweils gültigen ENEV um 30% zur Folge?

 

Eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie und der Bergischen Universität Wuppertal im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie kommt zu dem Schluss, dass höhere energetische Standards nicht zu höheren Baukosten führen müssen[1]. Hierfür wurden 15 neu errichtete Bürogebäude untersucht, die das Anforderungsniveau der EnEV deutlich unterschreiten. Es existiert kein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Niveau der energetischen Qualität und den Baukosten (Kostengruppen 300 und 400 nach DIN 276). Der Vergleich der spezifischen Bauwerkskosten der untersuchten Objekte mit dem Kostenspektrum nach BKI[2] verdeutlicht, dass sich energetisch optimierte Bürogebäude i.d.R. innerhalb des üblichen Kostenspektrums für Neubauten realisieren lassen. Diese Vorgehensweise wurde beispielhaft auch auf weitere Gebäude- und Nutzungsarten übertragen und führt zu vergleichbaren Ergebnissen.

Die Autoren empfehlen eine einseitig auf die Baukosten fokussierte Diskussion zu vermeiden und stattdessen die Kostenbetrachtung auf den gesamten Lebenszyklus zu erweitern, einschließlich der jährlichen Folgekosten.

Bereits 2006 kam das Passivhaus-Institut[3] bei der Auswertung von 6 errichteten Passivhausschulen zu dem Ergebnis, dass die Baukosten der errichteten Passivhausschulen im Bereich von 1.110 und 1.845 EUR/m² (KG 300 + 400) variierten. Da es sich bei allen Gebäuden um Passivhäuser handelte, lagen für die große Streubreite der Baukosten (+- 25%) andere Gründe vor. Der flächengewichtete Durchschnitt der Baukosten lag damit sogar unter der Kostengrenze der Schulbaurichtlinie Bayerns.

Dass die Entscheidung der Wirtschaftlichkeit nur anhand der Betrachtung der reinen Baukosten nicht ausreicht, zeigen auch Erfahrungen der Stadt Frankfurt am Main. So lagen z. B. bei der Ludwig-Börne-Schule die Kosten der Passivhaus-Variante mit 13,3 Mio. EUR um 560.000 EUR über den Investitionskosten nach EnEV-Standard. Das waren 4% der Baukosten. Bei der Betrachtung der Gesamtkosten, einschließlich Betriebs- und Verbrauchskosten über den Zeitraum von 40 Jahren, zeigt sich allerdings ein anderes Bild. Die Kosten für die EnEV-Variante liegen mit 42,68 Mio. EUR fast 1,6 Mio. EUR höher als die für die Passivhaus-Variante mit 41,09 Mio. EUR.

 

Dass die reinen Investitionskosten nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten über die Nutzungszeit einschließen, verdeutlicht auch die folgende Grafik. Energie-, Wartungs- und Instandhaltungskosten summieren sich innerhalb der Lebensdauer eines Gebäudes auf ein Mehrfaches der Baukosten.

Die Erfahrungen des Frankfurter Hochbauamtes zeigen, dass bei 90% der Bauvorhaben der Passivhausstandard wirtschaftlich erreichbar ist. Zu den 10% zählen die sehr kleinen Gebäude (< 150 m²) oder auch Bestandssanierungen, bei denen ein Heizenergiekennwert von 15 kWh/m²a oftmals nicht wirtschaftlich erreichbar ist.

Seit 2013 gibt es für die energetische Sanierung von Nicht-Wohngebäuden finanzielle Unterstützung vom Land Hessen. Je besser der Wärmeschutz der sanierten Gebäude ist, desto höher ist auch die finanzielle Förderung. So erhalten wir für die Sanierung der Albrecht-Dürer-Schule und der Schule auf der Aue durch die Sanierung mit Passivhauskomponenten (Heizenergiekennwert von < 25 kWh/m²) einen Zuschuss für die beiden Maßnahmen von 3,8 Mio. EUR.

[1] Baukosten von energetisch optimierten Büro-Neubauten, Lützkendorfer, Unholzer, Spars, Obadovic, Voss, Forschungsinitiative EnOB, Juli 2014

[1] Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern

[1] Hrsg. Dr. W. Feist, Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser – PhaseIII: 2004 – 2005, Protokollband Passivhaus-Schulen, Juli 2006

 

 

2.      Wie hoch liegen die abgerechneten Kosten beim Bauen unter Berücksichtigung der „Leitlinien zum nachhaltigen Bauen“ im Landkreis Darmstadt-Dieburg im Vergleich zu den Kosten vergleichbarer Gebäude in anderen Landkreisen?

 

Hierzu liegen keine vergleichbaren Zahlen vor. Für einen aussagekräftigen Vergleich müssten, so wie in der Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (s. S. 1,1), die Bauwerkskosten für die Baukonstruktion (KG300) und die Technischen Anlagen (KG 400) herausgelöst und mit den Regionalfaktoren des BKI und den Baupreisindices des Statistischen Bundesamtes normiert werden. Um die Vergleichbarkeit zu sichern wäre es weiterhin notwendig den energetischen Standard auf ein vergleichbares Niveau umzurechnen.

Diese aufwändigen Arbeiten wurden für unsere Liegenschaften bisher nicht vorgenommen, Kenntnisse über die Auswertung in dieser Detailierung bei anderen Landkreisen liegen uns ebenso nicht vor.



[1] Baukosten von energetisch optimierten Büro-Neubauten, Lützkendorfer, Unholzer, Spars, Obadovic, Voss, Forschungsinitiative EnOB, Juli 2014

[2] Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern

[3] Hrsg. Dr. W. Feist, Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser – PhaseIII: 2004 – 2005, Protokollband Passivhaus-Schulen, Juli 2006