Anfrage der Fraktion der Freie Wähler-Piraten:
1. Inwieweit wurden und werden die Bediensteten des Jugendamtes zum Comingout und zur Lebenssituation lesbischer, schwuler, bisexueller, transsexueller, transgender, intersexueller und sonstige abweichender Jugendlicher fortgebildet?
Es ist dem Jugendamt wichtig, gleich zu Beginn
der Beantwortung der formulierten Fragen darauf hinzuweisen, dass es
junge Menschen, die sich im Prozess ihrer sexuellen Orientierung
befinden, nicht als „abweichende Jugendliche“ begreifen.
Es haben einige
Kolleginnen und Kollegen Fortbildungen absolviert, in denen auch Comingout und
die Lebenssituation dieser Jugendlichen Gegenstand der Fortbildungen war.
2. Welche Angebote für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, intersexuelle und sonstige abweichende Jugendliche werden im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes angeboten? Gibt es hier Kooperationen anderen Kommunen?
Insbesondere zu den Erziehungsberatungsstellen, die Teil des
Jugendamtes sind, kommen vereinzelt Jugendliche in ihrem Coming out und werden
beraten. Es kommen auch Eltern, die nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen
und Informationen und Beratung benötigen. Die Beratungsstellen für Eltern,
Kinder und Jugendlichen des Landkreises Darmstadt-Dieburg verstehen diese
Arbeit auch als eindeutig zugehörig zur Erziehungsberatung (Fragen des
Erwachsenwerdens, sexueller Entwicklung, Suche nach eigener Identität,…).
Es wurde darüber hinaus im vergangenen Jahr
die Fachgruppe Gender (bestehend aus einem festen Personenkreis des Arbeitskreises
parteiliche Mädchenarbeit, des Mädchenarbeitskreises Darmstadt und der Arbeitsgemeinschaft
Jungenarbeit) gegründet. Diese hatte in ihrer vorletzten Sitzung am 13.2. einen
inhaltlichen Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern des Vereins Vielbunt
e.V. Die ehrenamtlichen Personen von Vielbunt setzen sich auf verschiedenen
Ebenen für oben genannte Interessen und die Aufklärung zu Queer-Themen ein. In
Schulprojekten, Elterngesprächen, Kulturveranstaltungen, etc. treten sie für
Vielfältigkeit und gegen Diskriminierung und rassistischem Gedankengut ein und
auf.
Die Fachgruppe Gender (ein Mitarbeiter des
hiesigen Jugendamtes ist Mitglied) und der Verein Vielbunt sind in Planung
eines Fachtages für Mitarbeitende der Mädchen- und Jungenarbeit mit diversen
Workshops und einem fachlichen Input - bspw. von Dr. Stefan Timmermanns
(Sexualpädagoge und Dozent u.a. für geschlechtersensible Erziehung). Die
Veranstaltung soll zur Klärung von Begrifflichkeiten dienen, aber auch um einen
sicheren und reflektierten Umgang der Fachkräfte zur Thematik der sexuellen
Orientierung. Geplant ist der Fachtag für November 2014 innerhalb der Stadt
Darmstadt oder im Landkreis DA-DI. Genaueres ist die Gruppe derzeit am planen.
Es ist auch eine Grundhaltung und das
Selbstverständnis der Kolleginnen und Kollegen der Kinder- und Jugendförderung,
in allen Seminaren, die angeboten werden und in denen es häufig auch um das das
Thema Identitätsfindung/-bildung geht, offen mit der Thematik umzugehen
und Raum zu geben, um Kinder und Jugendliche in ihrer momentanen
Lebenssituation zu unterstützen – in Einzel- und in Gruppengesprächen.
3. Inwieweit sind und werden MitarbeiterInnen des Jugendamtes über bestehende Angebote für lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, intersexuelle und sonstige abweichende Jugendliche informiert? Und wie werden die Jugendlichen zu solchen Angeboten vermittelt?
Pro Familia bietet u.a. den Teen Talk an, wo Fragen zu Homosex., Intersex. und Transex. besprochen
werden können. Im März 2015 soll es dazu einen Fachtag (sex. Vielfalt) geben. Weitere
Anbieter von Beratung und Information sind die AIDS-Hilfe, LIPS in Frankfurt
für lesbische Jugendliche und das Männerzentrum in Frankfurt.
Sofern Jugendliche und/oder deren Eltern sich an das Jugendamt
oder die Erziehungsberatungsstellen wenden, erfolgt eine entsprechende
Vermittlung unter Beachtung der Wünsche der Rat suchenden Personen.
4. Inwieweit sind solche Fortbildungen und Informationen standardisiert und verpflichtend?
Fortbildungen
dieser Art sind für die Bediensteten des Jugendamtes weder standardisiert noch
verpflichtend. Als herausragend wahrgenommen als Fortbildner auf diesem Gebiet
wird der Schweitzer Therapeut und Wissenschaftler Udo Rauchfleisch.
Durch den Kontakt zum Verein ‚Vielbunt‘ und
die unter 2. genannte Kooperation, können sich Fachkräfte des Jugendamtes von den Kollegen auch beraten und
unterstützen lassen, wenn eine Thematik in Bezug auf sexuelle Orientierung
aufkommt.
5. Welche Angebote können minderjährigen Jugendlichen gemacht werden, um sie – auch kurzfristig und befristet – aus einer aggressiven und homophoben Situation im Elternhaus herauszunehmen?
Es besteht in diesen
Fällen die Möglichkeit der Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII durch das Jugendamt
und, ggf. nach einer familiengerichtlichen Bestätigung, sofern die Eltern nicht
mitwirkungsbereit sind, auch die Möglichkeit der Unterbringung in einer
geeigneten Jugendhilfeeinrichtung.
6. Gibt es entsprechende Jugendwohnprojekte oder sind solche geplant? Findet hier ggf. eine Zusammenarbeit mit anderen Kommunen statt?
Es gibt
entsprechende Angebote auf ‚dem freien Markt‘ der Jugendhilfe. Über
entsprechende Maßnahmen wird im Zuge der Hilfeplanung gem. § 36 SGB VIII, unter
Mitwirkung und Beteiligung der Betroffenen, entschieden.
Anmerkung: Diese Anfrage basiert auf einer Anfrage der Fraktion Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen – rosa liste München vom 29.10.2008.
http://www.muenchen.de/rathaus/dms/Home/Stadtverwaltung/Direktorium/Koordinierungsstelle-fr-gleichgeschlechtliche-Lebensweisen/beschluesse/jugendliche_anfrage.pdf