Nachtrag: 15.06.2012

Beschluss: abgelehnt

Beschlussvorschlag:

 

1.      Der Kreistag Darmstadt-Dieburg nimmt die Handlungsempfehlungen „Wege aus der Armut“ als Ergebnisse der Beteiligungskonferenzen zum Bericht zur Sozialen Lage als zukunftsweisende Grundlage um konkrete Schritte zur Armutsbekämpfung und für eine gerechte Teilhabe- und Verwirklichungschance aller BürgerInnen im Landkreis Darmstadt- Dieburg zu initiieren.

 

2.      Folgende Handlungsmaximen und konzeptionelle Grundsätze sind in der Planung

konkreter Schritte maßgeblich:

 

- Prävention so früh wie möglich

- „ambulant vor stationär“

- Regionalisierung der Angebote (Dezentralisierung)

- lokale Netzwerkarbeit

- Sozialraumorientierung (Gemeinwesensorientierung)

- Information ist Prävention

- Beratungs-, Koordinierungs- und Steuerungsfunktion des Landkreises

- Entwicklung lokaler, alterspezifischer Präventions- und Interventionsketten

- Beteiligung / Partizipation

 

3.      Der Kreisausschuss wird gebeten, einen Maßnahmenkatalog im Rahmen seiner

Zuständigkeiten zu den unten aufgeführten Zielen zu erarbeiten. Dabei soll über die

bestehenden Maßnahmen informiert und an sie angeknüpft, sowie die möglichen

finanziellen Auswirkungen bzw. die Umsetzbarkeit weiterer Maßnahmen bewertet werden.

Der Maßnahmenkatalog des Kreisausschusses soll vor der Beschlussfassung im Kreistag mit den zuständigen Fachgremien beraten werden.

 

- Entwicklung einer modellhaften kreisweiten Präventions- und Interventionskette die an den Altersphasen der Kinder und Jugendlichen ausgerichtet ist und in einfacher Form die bestehenden Angebote und Maßnahmen des Landkreises Darmstadt-Dieburg den BürgerInnen und Fachkräften kommuniziert (Bsp. Mohnheim).

 

- Der Übergang von Schule in Ausbildung bzw. Beruf ist besser zwischen den

beteiligten Institutionen abzustimmen. Die Erfordernisse von Jugendlichen aus benachteiligten Milieus haben dabei stärker Berücksichtigung zu finden.

 

- Bei der Vermittlung von Langzeitarbeitslosen soll die Situation von Alleinerziehenden mehr in den Fokus gerückt werden. Auch die Situation von Frauen und Männern mit Migrationshintergrund und mit Behinderungen sollen besonders betrachtet werden. Die Arbeitgeber sollen stärker für die Situation von Langzeitarbeitslosen sensibilisiert werden.

 

- Beim Ausbau eines bedarfsgerechten und flexiblen Systems der Kinderbetreuung sollen die Bedürfnisse Alleinerziehender besonders berücksichtigt werden.

Generell ist im Landkreis eine flächendeckende, flexible und auf unterschiedliche Bedürfnisse abgestimmte Kinderbetreuung einzurichten, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf  verbessert (siehe Veröffentlichung zur Versorgungssituation 2010/11 der Kindertagesbetreuung im Landkreis Darmstadt-Dieburg vom Oktober 2011).

 

- Die Erfordernisse von Menschen mit zu pflegenden Angehörigen an den Arbeitsmarkt müssen stärker berücksichtigt und kommuniziert werden. Dabei ist ein Freistellungsanspruch von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung bei Menschen die die Pflege Ihrer Angehörigen übernehmen, einzuführen.

 

- Es ist zu  gewährleisten , dass alle Kinder an allen schulischen und bildungsbegleitenden Aktivitäten teilnehmen können.

 

- Ausbildungswilligen – ob Alleinerziehend oder nicht- brauchen Unterstützung durch die Kreisagentur für die Beschäftigung bei der Suche nach Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Dabei sind die Strukturen der Öffnungszeiten oder der Belegung von Betreuungsplätzen dem Ziel der Ausbildung dieser Menschen anzupassen.

 

-  In allen Einrichtungen und Beteiligungsgesellschaften des Landkreises sind die Tariflöhne und Gehälter des öffentlichen Dienstes zur Anwendung zu bringen.  Dies ist für die Vorbildfunktion des Landkreises dringend geboten. Daraus ergibt sich der Ausschluss prekärer Beschäftigung.

 

-  Die Familien im Landkreis werden frühzeitig, direkt und wohnortnah über

   Fördermöglichkeiten und Hilfestellungen informiert. Die Förderung ist stärker sozialräumlich auszurichten. Es ist die Einrichtung von Koordinationsstellen für die aufsuchende Sozialarbeit vorzunehmen.  Die Familien sollen schon vor der Geburt ihres Kindes über Beratungsstellen und Hilfeeinrichtungen informiert werden.

 

- Kinder aus benachteiligten Milieus und Kinder mit Behinderungen

  in den Kindertageseinrichtungen sind stärker zu fördern.

 

- Einkommensschwache Familien sind mit Ermäßigungen und Sozialtarifen zu

  entlasten. Dabei stehen das kostenlose Mittagessen an den Schulen und die kostenfreie Benutzung der Nahverkehrsmittel als dringlichste Aufgabe an und ist umzusetzen. Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sind unbürokratiswch zu nutzen.

 

-  Die Gewährung eines Sozialtarifs von Strom und Gas für Menschen mit geringem Einkommen ist dazu geeignet den hohen Stromabschaltungen bei Familien mit einkommensschwacher Situation  zu begegnen.

Bezugsberechtigt sollte alle Bürger/innen des Landkreises sein, die Anspruch auf Beihilfen von Rundfunk- und Fernsehgebühren haben, also Schwerbehinderte mit dem Vermerk RF,  Sozialgeldbezieher/innen SGB II und SGB XII, Empfänger/innen von Grundsicherung im Alter, Sozialhilfeempfänger/innen,  Empfänger/innen nach dem AsylbLG, Sozialhilfeempfänger/innen mit Hilfe zur Pflege der Leistung als Kriegsopferfürsorge und Empfänger/innen von Pflegezulage nach § 267 Abs. 1 des Leistungsausgleichgesetzes. Es muss erreicht werden, dass vor einer geplanten Stromabschaltung die Energieversorger dies bei det Verwaltung melden.

 

-  Es ist ein Konzept für Wohnungslose Frauen und Männer zu entwickeln.

 

- Die Schulen werden schrittweise in Ganztagsschulen umgewandelt , um allen Kindern eine geeignete Förderung anzubieten.

 

- Die Schulsozialarbeit wird als unterstützendes System ausgebaut und weiterhin fortgeführt durch den Landkreis und das Land Hessen.

 

-   Für eine umfassende Förderung der Kinder ist die Einführung von Ganztagsschulen in Grundschulen im >Landkreis unabdingbar. Die Übergangsform der Betreuenden Grundschule wird bisher in sehr unterschiedlichen Formen und Trägerschaften durchgeführt. Dieses System bedingt, dass nicht alle Kinder in gleicher Weise gefördert werden und gerade Kinder aus benachteiligten Milieus keine ausreichende Förderung erhalten. Der Landkreis sollte hierzu in seiner Eigenschaft als Jugendhilfe- und Schulträger seine zentralen Steuerungsfunktionen wahrnehmen.

 

-   Eine Intensivierung der Arbeit mit Eltern aus benachteiligten Milieus kann am

ehesten mit einem aufsuchenden Sozialraumansatz erreicht werden. Dazu bietet sich vor allem die vorgesehene Weiterentwicklung der bestehenden Kitas zu Familienzentren an. Dazu ist in jeder Kreiskommune eine Koordinationsstelle einzurichten. (unter finanzieller Beteiligung des Landkreises).

 

-  Bisher kann nach erfolgter Diagnose einer gesundheitlichen Beeinträchtigung

die Therapie häufig nicht zeitnah begonnen werden, da ein Mangel an Therapieplätzen besteht. Medizinisch-therapeutische Angebote, die in einem Maßnahekatalog am häufigsten notwendig erscheinen,  sind als Sofortmaßnahme bedarfsgerecht auszubauen (Lokalität der Maßnahmen im Flächenkreis). Vernetzung und Zusammenarbeit von Gesundheitshilfe und Schule sollten dazu beitragen, eine gemeinsame Verantwortung für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln.

 

-   Durch die geringe Facharztdichte im Landkreis ist eine wohnortnahe Versorgung psychisch kranker Menschen kaum möglich. Dieser Personenkreis kann sich Fahrtkosten zu einem Arzt kaum leisten. Daher ist als Sofortmaßnahme die Übernehme der Fahrtkosten durch den Landkreis sicherzustellen bzw. Fahrdienste anzubieten. In Zukunft muss daher die gemeindenahe Versorgung ausgebaut werden. Vor allem müssen Anlaufstellen und Therapieplätze für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene wohnortnah ausgebaut werden (Beratungsstellen, Teestuben).

 

-  Bei der Kinderarmut geht es jedoch darum, solche Vernetzungsstrukturen auf der Ebene der kreisangehörigen Städte und Gemeinden zu schaffen. Der Aufbau lokaler Präventions- und Interventionsketten setzt somit voraus, dass auch in den einzelnen Kommunen des Landkreises hierfür die Notwendigkeit gesehen wird und die erforderlichen Schritte eingeleitet werden. Bei dieser Maßnahme ist darauf zu achten, dass auf ehrenamtliche Arbeit verzichtet wird und die Eigenständigkeit dieser Aufgabe eine Anbindung an die Sozialämter nicht sinnvoll ist. In allen Kreiskommunen werden lokale Koordinationsstellen eingerichtet. Deren Aufgabe liegt darin, die altersspezifischen Präventions- und Interventionsketten einzurichten und zu moderieren. Sie hat eng zusammenzuarbeiten mit der Koordinierungsstelle auf Kreisebene.

 

-  Die Zusammenarbeit von Trägern außerschulischer Bildungseinrichtungen

und den Trägern schulischer Bildung soll besser verzahnt werden. Die

Informationen über die Angebote der Bildungsträger sollen stärker lokal erfolgen.

 

- Die Zusammenarbeit der Schulen und Kindertagesstätten im Bereich der

Gesundheitsförderung ist auszubauen. Dabei ist ein niedrigschwelliges Angebot zu Leistungen und Präventionsangeboten zu machen.

 

 

4.      Zur Erstellung des Maßnahmenkatalogs wird unter Beteiligung der Städte und Gemeinden eine verwaltungsinterne Steuerungsgruppe eingerichtet. Mit Hilfe eines Indikatoren gestützten Sozialmonitoring soll auf Ebene des Kreises für die Gemeindeebene ein sozialräumliches Frühwarnsystem entwickelt werden, das die Wirkung der Maßnahmen untersucht und auswertet.

 

5.      Der Kreistag fordert die Bundesregierung, den Bundestag sowie den Bundesrat  auf:

 

-          einen gesetzlichen Mindestlohn von 10,00€  einzuführen.

 

-          die Befristungen von Arbeitsverhältnissen auf den sachlichen Grund zu beschränken.

 

-          Leiharbeit auf sechs Monate zu beschränken.

 

-          eine Ausbildungspflicht für Unternehmen, wer nicht ausbildet, hat in einen Ausbildunsfonds einzubezahlen aus dem die Ausbildung finanziert wird.

 

-          eine Anhebung des Harz IV Regelsatzes auf 500,00€ vorzunehmen.

 

-          das Antrags- und Bewilligungsverfahren des Bildungs- und Teilhabepakets

zu vereinfachen und auf weitere Leistungen auszudehnen.

 

-          die Eingliederungsinstrumente gemäß SGB II und III wieder höher zu dotieren, um so die schrittweise Heranführung Langzeitarbeitsloser an den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

 

 

6.      Der Kreistag fordert die Hessische Landesregierung auf:

 

-          Im Bereich der Sekundarstufe I ein vernetztes Fördersystem für Kinder aus

benachteiligten Milieus aufzubauen.

 

-          Die gemeindenahe Versorgung mit Fachkräften für psychisch Kranke Menschen, besonders Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene auszubauen.

 

-          Den Ausbau von Ganztagsschulen stärker voranzutreiben.

 

-          Schrittweise Einführung der Gebührenfreiheit für Kindertagesstätten.

 

-          Ein Tariftreuegesetz einzuführen, dass die Möglichkeit bietet, bei öffentlichen Ausschreibungen, die keine Tarifverträge anwenden und nicht ausbilden, diese bei der Vergabe nicht zu berücksichtigen.

 

-          Die Schulsozialarbeit als Aufgabe des Landes anzuerkennen und sowohl für Sekundarstufe I als auch für die Grundschule einzurichten und zu finanzieren.

 

7.      Der Kreistag bittet den Kreisausschuss bei den kreisangehörigen Kommunen für folgende Maßnahmen zu werben:

 

-          Umbau der Kindertagesstätten in Familienzentren

 

-          Schaffung eines „Welcome Pakets“ für Eltern neugeborener Kinder

 

-          Stärkere lokale Vernetzung bei den frühen Hilfen

 

-          Aufbau eines Netzwerks zum Thema Kinderarmut