Anfrage der Fraktion von Die Linke/DKP:
Zu den ALG II Bescheiden der KFB stellen wir folgende Fragen:
1. Welcher Betrag für die angemessene Kaltmiete gilt für
Bezieher von ALG II im Landkreis Da/Di unter Berücksichtigung der einzelnen
Mietstufen bei welcher max. Wohngröße?
Eurobetrag Mietstufe max.
Wohngröße
Alleinstehender
2 Familienhaushalt
3 Familienhaushalt
4 Familienhaushalt
5 Familienhaushalt
6 Familienhaushalt
Seit
jeher hat das Sozialamt die angemessene Höchstmiete nach dem
Bundessozialhilfegesetz an der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz orientiert. Mit
Inkrafttreten des SGB II und SGB XII zum 01.01.2005 wurde diese Definition
mangels anderer Alternativen übernommen.
Mittlerweile
hat das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung vom 08.11.2006
festgestellt, dass eine Orientierung an dem Wohngeldgesetz nicht mehr zulässig
ist.
Mitte
des Jahres 2008 hat die Kreisagentur für Beschäftigung mit der Erstellung eines Mietspiegels für
alle Landkreisstädte und -Gemeinden begonnen. Der Mietspiegel basiert auf einer
sehr großen Datenbasis (ca. 10.500 Vermietungen, zum Vergleich: der Mietspiegel
der Stadt Darmstadt basiert auf 6.500 Vermietungen)
Nachdem
die Erstellungsarbeiten Ende Oktober 2008 abgeschlossen waren und der
Mietspiegel seitens des Sozialgerichtes Darmstadt auf Plausibilität
geprüft und für sehr gut befunden wurde, wird er seit 01.11.2008 einem auf 6
Monate angelegten Praxistest unterzogen. Nach erfolgreichem Abschluss der
Testphase wird der Mietspiegel dem Kreisausschuss zur Beschlussfassung
vorgelegt.
2.
Ein Antrag der LINKEN./DKP 2212-2008 von der KT Sitzung
des 8.9.08 mit dem Ziel die Pauschalisierung der Energiekosten in der KFB
einzustellen, wurde mit folgender Begründung abgelehnt: „ Innerhalb der KFB
fände keine Pauschalisierung von Heizkosten statt !“ Wie die uns vorliegenden
Bescheide zeigen, werden Heizkosten in der KFB doch pauschalisiert.
Wurden wir im September 2008 von der KFB – Leitung getäuscht ?
3. Warum beachtet die KFB nicht die Rechtssprechung des hess. Landessozial-gerichtes ? In dem Beschluss vom 5.9.07 ( L6 AS 145/07 ER) führte das Ge-richt unmissverständlich aus „Im Hinblick auf die nach § 22 Abs. 1 SGB – Zweites Buch SGB II berücksichtigungsfähigen Kosten für die Heizung ist auf die Festsetzung im Mietvertrag oder die Vorauszahlungsfestsetzungen der Energieversorger abzustellen.
4. Die Gewährung von Pauschalbeträgen für Heizungen- erklärt das Gericht als nicht gesetzeskonform- also rechtswidrig ! Warum hält die KFB immer noch an dieser rechtwidrigen Praxis – Energien als Pauschalen zu verrechnen – fest ?
5.
Stimmt die KFB – Leitung zu, dass Pauschalen von
Heizkosten sich gegen ein Urteil des SG Augsburg richten, welches 2005 (!!!) (1.AS 89/05) erklärte, dass
Pauschalisierungen von Heizkosten
- die schlechte Grundisolierung vieler
Wohnungen
- alte Heizungen
- höherer Wärmebedarf bei Kleinkinder
oder bei schwerer Erkrankung
- das Alter des ALG II Beziehers
unberücksichtigt lässt ?
6.
2 Fallmanager bzw. Sachbearbeiter der KFB sagten
unabhängig von einander zu mir „Die Leitung der KFB hätte beim KA
(Kreisauschuss) des LK Da/Di eine Erhöhung der Pauschale von 0,80 € pro m“
Wohnung (die es gem. unserer Auskunft im LK Da/Di gar nicht gibt ) auf 1 €
gefordert. Dies hätte der KA ab-gelehnt.
- Stimmen diese unabhängig von
einander getroffenen Aussagen ?
- Wenn ja , stimmt die Verwaltung zu,
dass wir bei der Begründung zum Antrag 2212-2008 belogen wurden ?
- Warum war der KA gegen die Erhöhung
der Pauschale von 0,8 auf 1 € ?
- Falls bei unserem Antrag 2212-2008 nicht die
Wahrheit gesagt wurde, dürfen wir diesen Antrag nochmals im Kreistag einbringen
?
7.
Das SG Magdeburg stellte am 13.10.05 (S22 AS 471/95 ER)
fest, dass die in der Wohngeldverordnung festgelegte Pauschale von 0,80 € pro
m² Wohnflä-che als Maßstab für Energieberechnungen von ALG II Bezieher völlig
unge-eignet sei.
Es hielt bereits 2005 Heizkosten bis 1,20 € pro m² Wohnfläche für angemes-sen.
Das SG Kassel gar bis zu 1,28 m² - und dies im Jahr 2005.
Untersuchungen von Tacheles in Wuppertal kommen für 2008 – also ganz ak-tuel -
zu dem Ergebnis, Heizkosten bis zu 2,50 € pro m² Wohnfläche seien für ALG II
Bezieher angebracht !
Warum hält sich die KFB – trotz massenhafte vorliegender anderer
Rechts-sprechungen – an die 0,80 € aus der Wohngeldverordnung immer noch
fest ?
8.
Prof. Friedrich Putz, Tacheles in Wuppertal sagen übereinstimmend:
„ Pauschale Durchschnittswerte finden bundesweit Anwendung – dies ist
rechtswidrig ! Wenn – wie im LK Da/Di – ALG II Bezieher mit
Durchschnitts-werten gequält werden, sei dies eine indirekte Form der
Regelkürzung.
Ändert die KFB ihre rechtswidriges Handeln gegenüber den ALG II Beziehern nur,
wenn sie in großer Anzahl vor den Sozialgerichten verklagt wird oder
Wi-dersprüche einlegt ?
Antwort zu den Fragen
2-8:
Die
Kreisagentur für Beschäftigung Darmstadt-Dieburg gewährt grundsätzlich keine
Pauschalen für Heiz - und Nebenkosten mehr. Vielmehr orientiert sie sich an den
im Einzelfall nachgewiesenen Abschlagszahlungen! Sofern in Altfällen, in denen
0,80 € pro m2 als Heizkosten gewährt wurden, allerdings keine höheren
Heizkosten nachgewiesen wurden, wird der alte Satz weiterbewilligt!
9. In welchen Fällen werden ALG II Bezieher in der KFB anzurechnende Werte der Verpflegung – wie im Krankenhausaufenthalt - vom Regelsatz abgezogen ? Immerhin stellte die BA hierzu fest, dass wenn man voll verpflegt werde un-ter Umständen der Ernährungs- und der Energieanteil (mir wurde von einem Fall der KFB berichtet wo täglich fast 10 € abgezogen worden wären) am Re-gelsatz abgezogen werden dürfe. (BA 11.63) Gibt es innerhalb der KFB solche Fälle ?
Mit
der ersten Verordnung zur Änderung der
ALG II - Verordnung vom 18.12.2008 ist die ohnehin fragwürdige Anrechnung von
Verpflegung bei Krankenhausaufenthalten weggefallen! Voll - oder
Teilverpflegung werden ab 01.01.2009 nur noch berücksichtigt, wenn sie vom
Arbeitgeber gewährt werden ( § 2 Absatz 5 ALG II-VO). Widerspruchsfälle
aus dem Vorjahr werden aufgrund der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichtes in gleicher Weise behandelt.
10. Warmwasser in den Heizkosten: Uns sind Fälle bekannt, wo die KFB die Warmwasseraufbereitung (die im Regelsatz enthalten ist) mit einer Pauschale von 0,15 € pro m² kürzte. Das BSG hat mit seiner Entscheidung vom Februar 2008 (B14/11b AS 15/07 R)festgelegt, dass Kosten für Warmwasseraufberei-tung nicht mittels des Abzuges von 0,15 € pro m ² Wohnfläche (analog zu § 6 Abs. 1 Nr. 2 Wog-V) abgezogen werden dürfen. Die wiederholte Frage: Wann beendet die KFB in der Frage Warmwasseraufbereitung ihr ungesetzliches Verhalten gegenüber den Tausenden von ALG II Bezieher im Landkreis Da/Di ?
Mit
Schreiben vom 08.08.2008 hat sich das Hessische Sozialministerium als
Rechtsaufsicht zur Frage des Warmwasserabzuges geäußert und empfohlen, einen
Abzug von 6,63 € vorzunehmen. Bereits am 14.08.2008 wurde die
Sachbearbeitung in der materiellen Hilfe informiert und die Vorgabe
entsprechend umgesetzt.
11. Wie viele ALG II Bezieher sind in 1 € Jobs oder sogenannten GZA Maßnah-men aktuell bei welchen Trägern eingesetzt ?
Mit Stand vom 15.01.2009
waren auf der Grundlage von § 16d SGB II ( früher § 16 Abs. 3) 279
Maßnahmeplätze belegt. Davon waren 144 in qualifizierender Beschäftigung (z.B.
Azur, Wurzelwerk) und 135 Teilnehmer/-innen in Einzelmaßnahmen. Die
Träger von Einzelmaßnahmen können aus Datenschutzgründen nicht genannt werden,
da sich hier Rückschlüsse auf Einzelpersonen ziehen lassen.
12. Wie wird innerhalb der KFB die Beratungspflicht der ALG II Bezieher nach § 13 – 14 und 15 des SGB I umgesetzt ? (Umfang , Aufklärungspflicht, Zusam-menarbeit zum Wohle der Hilfsempfänger) Welche Möglichkeiten bieten die KFB in dieser Frage an und wie werden die umgesetzt ?
Fallmanager-/innen
und Sachbearbeiter/-innen beraten umfänglich in persönlichen Gesprächen.
13. Wie hoch ist die Anzahl der Widersprüche innerhalb der KFB bezogen auf das 1. Halbjahr 2008 und das Zweite ?
14. Wie wurden diese Widersprüche beschieden ? In wie vielen Fällen erhielten die ALG II Bezieher des Landkreises Recht und in wie vielen Fällen wurde ihr Widerspruch abgelehnt.
15. Wie viele Widersprüche bezogen sich auf die Themen KDU und Energien in-nerhalb der KFB ?
16. In wie vielen Fällen wurde die KFB im Jahr vor dem Sozialgericht verklagt ?
17. In wie vielen Fällen setzte sich die Rechtsmeinung der KFB und in wie vielen Fällen, die der ALG II Bezieher durch ?
Antwort zu den Fragen 13-17:
Im
Jahr 2008 wurden im Bereich der Kreisagentur für Beschäftigung folgende
einstweilige Rechtsschutzverfahren und Klageverfahren vor dem Sozialgericht mit
Entscheidungen verhandelt:
Einstweilige Rechtsschutzverfahren:
Abweisungen 20
Stattgaben 3
Teilstattgaben --
Rücknahmen 24
Anerkenntnis 6
Teilanerkenntnis 2
Vergleiche 10
Abhilfe 13
Klageverfahren:
Abweisungen 9
Stattgaben --
Teilstattgaben --
Rücknahmen 51
Anerkenntnis 11
Teilanerkenntnis --
Vergleiche 19
Abhilfe 6
18. Stimmt es , dass eine alleinlebende Frau im Landkreis Da/Di ihr Haus als Schonvermögen angerechnet wurde. Hierdurch erhielt sie nur einem kleinen Anteil der Energiekosten, die sie für ihr Haus aufwendete ? Erst auf massiven Protest- und gem. einer Entscheidung des Sozialgerichtes sei diese „perfide „ Entscheidung revidiert worden ?
Ohne
genaue Beschreibung des Sachverhaltes kann hier keine Antwort gegeben werden.
Im Übrigen ist die Anrechnung von Schonvermögen nicht möglich!
19. Wie ist die Dauer der Weiterbewilligungsanträgen von ALG II Beziehern in der KFB ?
Sofern
alle entscheidungsrelevanten Unterlagen vorliegen, erfolgt die Bewilligung
binnen 14 Tagen.
20. Wie lange ist die Dauer der Widersprüche in der KFB ?
Die Bearbeitung der Widersprüche erfolgt innerhalb von 3
Monaten .
21.
Erfolgt bei Klage vor dem Sozialgericht die Zahlung
ihrer monatlichen Leistung
Oder erhakten die Betroffenen bis zur richterlichen Klärung keine Leistungen
von der KFB ?
Durch
Klageerhebung beim Sozialgericht
kann die Auszahlung einer zuvor abgelehnten Leistung nicht erzwungen
werden. Dies kann nur bei berechtigtem Interesse durch Eilverfahren geschehen.
Hier wird in der Regel binnen 2 Wochen eine Entscheidung per Beschluss gefällt!
Im
Übrigen weisen wir die in der Anfrage formulierten Anschuldigungen und
Unterstellungen aufs schärfste zurück. Die Kreisagentur für Beschäftigung
handelt rechtmäßig.
Für die Beantwortung der Anfrage sind Personalkosten in
Höhe von 222,70 Euro entstanden.